Schlangenkopf by Ulrich Ritzel

Schlangenkopf by Ulrich Ritzel

Autor:Ulrich Ritzel [Ritzel, Ulrich]
Die sprache: eng
Format: mobi
Herausgeber: btb
veröffentlicht: 2011-09-25T22:00:00+00:00


Olga, in nachtschwarze bodenlose Tiefe gestürzt, hat sich am Handlauf des Treppengeländers abgefangen und hält sich daran fest, schwer atmend. Über ihr ein Rechteck von Lichtstreifen, das ist die Kellertür. Noch immer wird da oben geschossen. Sie will die Kellertreppe weiter hinab, doch die Füße bleiben an etwas hängen. Es fühlt sich an wie ein Körper, ein jammernder Wehlaut, sie fällt nach vorne, unter ihr liegt wirklich ein Mensch, aber schon ist sie darüber hinweg und hat sich abgerollt und steht wie eine Katze wieder auf ihren Füßen. Sie ahnt eine Mauerkante, die Hand ertastet einen Schalter, Helligkeit flammt auf, ihr Blick fällt auf Beine, darüber ein Rumpf und über dem Rumpf ein blutverschmierter Kopf, kaum erkennt sie die weiße Strähne im schwarzen Haar.

»Das Bein«, sagt Mattia, »dieser Pazzo hat …«

Olga blickt sich um, noch immer hat sie ihre Pistole in der Hand, nur ist ihr diese Walther aus dem Bund gefallen, aber darauf kommt es nicht mehr an. Im Kellerflur liegt Luca und versucht sich aufzurichten, die Beine wollen ihm nicht gehorchen, so hilft sie ihm mit der linken Hand auf und schleppt ihn zur Kellertür, »Komm!« flüstert sie, und: »Weiter!« Aber Luca knickt in den Beinen ein und beugt sich zur Kellerwand, Olga lässt ihn los und macht einen Schritt zur Seite, gerade noch rechtzeitig, denn da muss er sich auch schon übergeben und kniet in der eigenen Kotze. Das wird nichts mehr, denkt Olga und stößt die Tür auf und huscht die Treppe zum Garten hinauf und drückt sich ins Gebüsch, die Schießerei hat aufgehört, aber in den Häusern links und rechts und gegenüber gehen jetzt die Lichter an.

Sie muss zur Straße zurück, wenn überall Leute glotzen, kann sie nicht über Gartenzäune turnen, sie schiebt sich an der Hauswand entlang vor, verharrt an der Hausecke und späht auf die Straße – noch mehr Licht, Giulios Wagen steht mit laufendem Motor und eingeschalteten Scheinwerfern vor dem Haus, die Beifahrertür fällt zu, und der Wagen fährt los. Kann das sein, dass Giulio einfach abhaut? Sie tastet nach ihrer Pistole, aber wozu soll das jetzt noch gut sein? Eine Frau zetert, Hunde bellen, Olga weiß, dass sie keine Zeit mehr verlieren darf, und so geht sie ganz einfach quer über den Vorgarten zur Straße, die Lampe vor dem Hauseingang beleuchtet die zeternde Frau, die klein und dick ist und zu deren Füßen ein Körper liegt, der Körper eines dicken Mannes, und Olga muss gar nicht näher hinschauen, um zu wissen, dass der Mann sandfarbenes Haar hat, wie sonst kaum ein Italiener.

Vor einem Gartentor drückt sich eine gefleckte Katze herum, Olga weicht ihr aus und macht ein ärgerliches »Kschsch!«, Katzen kann sie nicht ertragen. Ein Mann streckt seinen Kopf aus einem Fenster des Nachbarhauses, das Licht im Zimmer hinter ihm lässt seinen spärlichen Haarkranz aufleuchten wie einen Heiligenschein.

»Hallo Sie, da ist doch geschossen worden …«

»Ja«, antwortet Olga, »ich habe es auch gehört, aber der Akku von meinem Handy ist leer. Könnten Sie die Rettung anrufen? Und die Polizei.«

Und Olga geht weiter



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