Schlagwetter by Steinhausen Mike

Autor:Steinhausen, Mike [Steinhausen, Mike]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi/Thriller
ISBN: 9783839245200
Google: kPrMAwAAQBAJ
Herausgeber: Gmeiner, A
veröffentlicht: 2014-07-01T22:00:00+00:00

5. Kapitel

Die beiden Männer blickten durch die dichte Ligusterhecke auf die Rückseite des Gebäudes, das durch die wenigen Strahlen der angrenzenden Straßenlaternen dezent beleuchtet wurde. Die friedliche Stille um sie herum wurde nur durch den Lärm der wenigen Fahrzeuge gestört, die die Hauptstraße entlangfuhren und die Dunkelheit mit ihren Scheinwerfern zerschnitten. Mehrere Stunden hatten sie vor dem Haus gewartet, bis sie sich sicher waren. Kein Licht, welches bei der eintretenden Dämmerung eingeschaltet wurde. Keine Bewegungen an den Fenstern.

Steiger betrachtete Gerd Schmidt, der, deutlich kleiner als er, die Zweige des Buschwerkes mit seinen feingliedrigen Händen, die in dünnen Lederhandschuhen steckten, auseinanderschob und mit hektischen Augen die Umgebung wie ein Wiesel absuchte. Schmidt warf seine Kippe auf den Boden und trat sie mit der Spitze seines Sportschuhes aus, um sie anschließend aufzuheben und in die aufgesetzte Tasche seiner Jacke verschwinden zu lassen.

Steiger nahm den kalten Rauch aus seinem Mund wahr, als er sich flüsternd an ihn wandte. »Ich werde mich jetzt von vorn nähern, um mir den Bau anzusehen. Du stehst Schmiere.« Schmidt nahm seinen Rucksack ab, legte ihn auf den Boden und öffnete ihn. Steiger beobachtete ihn, während er in seiner Tasche kramte und eine Ledertasche mit Reißverschluss zutage förderte.

»Du willst von vorn ran? Ich dachte, wir steigen von hinten ein?«

Schmidt hielt kurz inne, grinste gehässig, während Steiger meinte, in seinen Augen ein Aufblitzen von Herablassung zu erkennen.

»Ihr Bullen habt echt keinen Plan. Ein Blinder mit Krückstock erkennt, dass dieses Haus besonders gesichert ist. Siehst du die dunkle Plastikkugel da an der Hauswand? Das ist eine Überwachungskamera. Von hinten ran ist also nicht. Es sei denn, du fliegst über die Kamera hinweg. Ich will mir einen Überblick über den Schließmechanismus an der Haustür verschaffen. Vielleicht kommen wir da rein.«

Steiger betrachtete das aufgeschwemmte und talgige Gesicht des Berufsganoven und dachte darüber nach, ob es die richtige Entscheidung gewesen war, sein Schicksal ein Stück weit in die Hände dieses Kriminellen zu legen. Er spürte, dass Schmidt ihn belauerte, beobachtete, sich innerlich gegen ihn auflehnte. Sich in dieser Situation auf diesen Verbrecher verlassen zu müssen, bereitete ihm Unbehagen. Gleichzeitig war ihm bewusst, über welche Fähigkeiten Schmidt verfügte, als dieser einen Hyundai in weniger als einer Minute geöffnet und kurzgeschlossen hatte. »Keine auffällige Karre. Ein Frauenauto mit Kindersitz und Hello Kitty-Sonnenblende, das niemandem verdächtig vorkommen wird«, waren seine Worte gewesen. Steiger hatte dies anerkennend zur Kenntnis genommen. Es handelte sich um einen zugelassenen Wagen, den sie von dem Gelände einer Vertragswerkstatt hatten und der laut eines innen liegenden Arbeitsauftrages zur Inspektion auf dem Hof stand, sodass ihn vor morgen früh niemand vermissen würde.

Ohne weiter von Steiger Notiz zu nehmen, verschwand Schmidt in der Dunkelheit.

Steiger fragte sich, ob Schmidt, körperliche Defizite aufweisend, sozial nicht intrigierbar und offenkundig frei von jeglichen moralischen Wertevorstellungen ein Nischenprodukt der Evolution darstellte und als eine Art eigenständige menschliche Gattung zu betrachten war, deren abgrundtief schlechter Charakter sich nicht auf eine kindliche Prägung begründete, negative Erfahrungen, fehlende Chancengleichheit und solchen Dinge. Vielleicht war er einfach das Ergebnis einer Parallelentwicklung der Natur, welche die Lücke, die ihm gesellschaftlich geboten wurde, füllte und erfolgreich für sich nutzte.

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