Ripley Under Ground by Patricia Highsmith

Ripley Under Ground by Patricia Highsmith

Autor:Patricia Highsmith
Format: mobi, epub
Herausgeber: EBOOKLOAD
veröffentlicht: 2010-12-08T23:00:00+00:00


14

Das Mittagessen war eins der schlimmsten, die Tom je durchgestanden hatte – fast so schrecklich wie damals das Essen mit Heloise und ihren Eltern, als sie soeben erfahren hatten, daß Heloise und Tom schon verheiratet waren. Aber wenigstens dauerte es heute nicht so lange. Bernard sah aus wie ein hoffnungslos deprimierter Schauspieler, der gerade eine Vorstellung hinter sich gebracht hat und sie für miserabel hält. Dafür gab es keinerlei Trost. Er war erschöpft – das hatte Tom gewußt – wie jemand, der sein Äußerstes und Bestes gegeben hat.

»Gestern nacht«, sagte Chris und nahm den letzten Schluck aus einem Glas Milch, das er zusammen mit dem Wein trank, »da habe ich einen Wagen gesehen, der kam rückwärts aus dem kleinen Waldweg. Muß ungefähr ein Uhr gewesen sein. Hatte aber wohl nichts weiter auf sich. Er hatte nur ganz wenig Licht an – als ob er nicht gesehen werden wollte.«

»Na ja, vermutlich ein Liebespaar«, sagte Tom. Ob Bernard hierauf reagieren würde, und wie? Aber Bernard hatte offenbar gar nichts gehört. Er bat jetzt um Entschuldigung, erhob sich und ging hinaus.

»Zu dumm, daß es ihm so schlecht geht«, sagte Chris, als Bernard außer Hörweite war. »Ich werde jetzt lieber gleich gehen. Hoffentlich bin ich nicht schon zu lange geblieben.«

Tom wollte die Nachmittagszüge nachsehen, aber Chris hatte einen neuen Plan. Er wollte per Anhalter nach Paris fahren und war von dieser Idee nicht mehr abzubringen. Das war doch mal ein Abenteuer, fand er. Die Alternative, das wußte Tom, war ein Zug kurz vor fünf. Chris kam mit seinen Koffern herunter und trat in die Küche, um sich von Mme. Annette zu verabschieden.

Sie gingen hinaus in die Garage.

»Bitte grüßen Sie Bernard noch von mir, ja?« bat Chris. »Seine Tür war zu – er wollte wohl nicht gestört werden, aber ich möchte nicht, daß er mich für unhöflich hält.«

Tom versicherte ihm, er werde das regeln. Er holte den Alfa Romeo aus der Garage, und sie fuhren los.

»Sie können mich irgendwo absetzen, egal wo«, sagte Chris.

Am besten war es wohl in Fontainebleau, meinte Tom, beim Denkmal an der Ausfallstraße nach Paris. Chris sah genauso aus, wie er in Wirklichkeit war: groß und frisch, ein junger Amerikaner auf Europa-Urlaub, weder arm noch reich. Tom war überzeugt, er werde sehr schnell einen Lift nach Paris bekommen.

»Soll ich Sie in ein paar Tagen mal anrufen?« fragte Chris. »Mich interessiert es natürlich, wie die Sache jetzt weitergeht. Ich werd mir auch die Zeitungen ansehen.«

»Ich kann Sie ja anrufen«, erwiderte Tom. »Wie war noch das Hotel – Louisiane, rue de Seine, nicht wahr?«

»Ja. Und haben Sie sehr herzlichen Dank, Tom. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr es mich gefreut hat, ein Haus in Frankreich von innen kennenzulernen!«

Doch, das konnte er schon ausdrücken. Aber es war ja auch gar nicht nötig, dachte Tom, als er sich jetzt auf den Heimweg machte und schneller fuhr als sonst. Schwere Sorgen bedrückten ihn, obwohl er nicht genau sagen konnte, worum er sich Sorgen machen sollte. Er hatte ein Gefühl der Einsamkeit; die Verbindung mit Jeff und Ed war abgerissen, und sie jetzt wiederaufzunehmen, war nicht ratsam.



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