Richter und Henker by Inger Gammelgaard Madsen

Richter und Henker by Inger Gammelgaard Madsen

Autor:Inger Gammelgaard Madsen
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: SAGA Egmont
veröffentlicht: 2016-02-26T00:00:00+00:00


* * *

Simone kam am späteren Abend vorbei, weil sie ihn nicht hatte anrufen können. Er saß in der Dunkelheit auf einem Stuhl zwischen Umzugskartons mit denen er nicht weitergekommen war und weigerte sich, mit irgendjemandem zu sprechen, oder gar nachzusehen, wer anrief. Das zerknitterte Kuvert lag ungeöffnet auf dem Tisch neben ihm, doch als Simone an der Türglocke geläutet und hartnäckig an die Tür gehämmert hatte, machte er auf, damit sie nicht das gesamte Treppenhaus auf sich aufmerksam machte. Glücklicherweise war die Nachbarin nicht zu Hause, er hatte sie vom Fenster aus, an dem er gestanden und hinausgestarrt hatte, nachdem er heimgekommen war, aus der Haustür gehen sehen. Er hatte über die Situation nachgedacht. Seine Wahl. Sein Leben. Er wusste, dass ihn Anne nicht sehen konnte, wenn er kein Licht anhatte, obwohl es so aussah, als blickte sie zu seinem Fenster hinauf. Vielleicht war es auch ihr eigenes.

„Das können sie doch nicht einfach so machen!“, sagte Simone, als sie das Kuvert geöffnet und die Vorladung gelesen hatte.

„Cecilie hat Anspruch auf eine Scheidung.“

„Ihr wart noch nicht einmal getrennt … Damals, als Nicky und ich … ja, wir waren schon getrennt, bevor wir beschlossen hatten, uns scheiden zu lassen, es gab auch keine Kinder, also war es verhältnismäßig einfach …“

Es war das erste Mal, dass sie über ihre Vergangenheit sprach und er hätte interessierter daran sein sollen, aber in dem Moment war er nicht einmal neugierig. Das Ganze war ihm gleichgültig.

„Sie gewinnen dieses Verfahren, ich verliere alles.“

„Du hast schon alles verloren, Trolle. Jetzt ist es an der Zeit, mit etwas Neuem anzufangen. Von vorne zu beginnen. Die Strafe als eine Reinigung deiner Sünden anzusehen. Eine Absolution sozusagen, wenn man jetzt religiös wäre.“

Er sah sie wütend an. Wütend und enttäuscht.

„Ich habe damit gerechnet, dass du an mich glaubst.“

Sie ging zu ihm hinüber und legte ihren Mund an seine blau und gelb verfärbte Wange. Ihr Atem roch nach Zigaretten.

„Ich glaube an dich, Trolle. Ich glaube an all die Armen, die in meinem Gefängnis sitzen und sagen, dass sie unschuldig sind. In ihren eigenen Augen sind sie das alle. Es sind die anderen, die sie falsch einschätzen.“

Trolle zündete die Zigarette an, die, seit er vor dem Fenster erstarrt war, zwischen seinen Lippen geklemmt hatte. Er hörte kaum, was sie sagte. Die Niederlage, dass ihn der Anwalt auf diese Weise verhöhnt hatte, ihn zum Narren gehalten hatte, brannte sich tief in seine Seele und verstärkte die Rachsucht.

„Es gibt eine Möglichkeit, alldem hier zu entkommen, Schatz. Sprich mit ihm!“, flüsterte sie ihm ins Ohr.

„Ich weiß nicht, Simone. Das wirkt, als wäre es …“

„Als wäre es das einzig Richtige“, beendete sie seinen Satz und zog ihn mit zum Sofa hinüber. „Du darfst dich weder deiner Frau noch deiner Tochter oder deren Wohnsitz nähern, ohne dass dir die Polizei wieder auf den Hals gejagt wird. Wie willst du es anstellen, deine Gerechtigkeit zu bekommen? Jetzt klären wir gemeinsam noch die letzten Dinge und dann rufe ich ihn an. Ich verspreche dir, du wirst es nicht bereuen.“



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