Paganinis Fluch by Lars Kepler

Paganinis Fluch by Lars Kepler

Autor:Lars Kepler [Kepler, Lars]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi
Herausgeber: Lübbe
veröffentlicht: 2010-12-31T23:00:00+00:00


Spende Boerse

56

Der Hubschrauber

Penelope steht am Fenster. Ein Blitz lässt den Himmel aufleuchten, dann rollt der Donner über das Meer. Es gießt in Strömen. Björn ist an Bord des Polizeiboots gegangen und im Ruderhaus verschwunden. Der heftige Wolkenbruch lässt das Wasser schäumen. Sie sieht Ossian Wallenberg mit einem gelben Regenschirm über dem Kopf zum Meer hinunterstolpern. Die Metalltür zum Ruderhaus des Boots geht auf, und ein uniformierter Polizist tritt auf das Vordeck hinaus, springt auf den Steg und macht das Boot fest.

Erst als der Polizist den Kiesweg hinaufgeht, erkennt Penelope, wer er ist.

Ihr Verfolger erwidert Ossians Gruß nicht einmal, sondern streckt stattdessen sofort seine linke Hand aus und packt Ossians Kinn.

Penelope merkt nicht, dass sie das Handy fallen lässt.

Mit sachlicher Härte dreht der uniformierte Mann Ossians Gesicht zur Seite. Der gelbe Regenschirm fällt auf die Erde und rollt ein Stück die Böschung hinunter. Das Ganze ist binnen weniger Augenblicke vorbei. Der Verfolger bleibt nicht einmal wirklich stehen, als er mit seiner freien Hand einen kurzen Dolch zieht. Er dreht Ossians Gesicht noch ein wenig weiter und sticht ihm anschließend blitzschnell in den Nacken, über dem Atlas, direkt in den Hirnstamm. Wie der Biss einer Schlange. Als Ossian zu Boden fällt, ist er schon tot.

Der uniformierte Verfolger eilt mit großen Schritten auf das Haus zu. Das fahle Licht eines Blitzes beleuchtet plötzlich sein Gesicht, und Penelope begegnet durch den Regen hindurch seinem Blick. Ehe es wieder dunkel wird, sieht sie für Sekundenbruchteile die bekümmerten Züge seines Gesichts. Die müden, traurigen Augen und den Mund mit der tiefen Narbe. Der Donner grollt. Der Mann nähert sich dem Haus. Penelope bleibt am Fenster stehen. Sie atmet schnell, ergreift jedoch nicht die Flucht, ist wie gelähmt.

Regen prasselt auf das Fensterblech und gegen das Glas. Die Welt draußen erscheint ihr seltsam fern. Aber auf einmal taucht hinter dem Mann ein anderes, vollkommen gelbes Licht auf. Der Bootssteg, das Wasser und der Himmel leuchten strahlend. Von dem Polizeiboot steigt eine Flamme in die Höhe wie eine große Eiche aus Feuer. Metallteile werden in die Luft geschleudert. Die Feuerwolke wächst und pulsiert in orangen Farbschattierungen. Die Hitzewelle der Explosion entflammt das Schilf und den Steg, und gleichzeitig erreichen die Druckwelle und der Knall der Explosion das Haus.

Erst als die klappernde Fensterscheibe vor Penelopes Gesicht auf der ganzen Breite springt, reagiert sie. Der Regen fällt und trifft den schwarzen Rauch, der hinter dem Verfolger aus den Überresten des Boots aufwallt. Er eilt zum Haus hinauf. Penelope dreht sich um, rennt durch die Zimmer, steigt über den von Ossian weggerückten Sessel, gelangt in den Flur mit den signierten Porträts, öffnet die Haustür und läuft quer über den nassen, ungepflegten Rasen. Sie rutscht aus, läuft im Regen weiter, entfernt sich auf einem Trampelpfad vom Haus, umrundet ein Birkenwäldchen und gelangt auf eine Wiese, wo sie einer Familie mit Angelruten, orangefarbenen Schwimmwesten und Regenjacken begegnet. Sie läuft durch die kleine Gruppe hindurch zu einem Sandstrand hinunter. Sie ist völlig außer Atem, keucht unkontrolliert, hat das Gefühl, jeden Moment in Ohnmacht zu fallen.



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