Nur Der Tod Kann Dich Retten by Joy Fielding

Nur Der Tod Kann Dich Retten by Joy Fielding

Autor:Joy Fielding
Die sprache: de
Format: mobi
ISBN: 9783442311514
Herausgeber: Goldmann
veröffentlicht: 2007-01-01T23:00:00+00:00


18

TOTENBUCH

Heute Morgen habe ich mich nicht so besonders gefühlt, deshalb bin ich zu Hause geblieben und habe mich ausgeruht. Ich weiß nicht genau, was es war. Erschöpfung vielleicht. Oder irgendein Virus, den ich mir eingefangen habe. Irgendwas ist ja immer im Umlauf. Es ist ziemlich unheimlich, wenn man darüber nachdenkt, was da draußen alles lauert. Mikroben und Bakterien, exotische Viren, seltsame und tödliche Varianten der Grippe, und alle warteten sie nur auf den richtigen Augenblick, um loszuschlagen.

So ähnlich wie ich.

Ich werde nicht oft krank, aber sobald ich am Morgen einen Fuß aus dem Bett gesetzt hatte, wusste ich, dass irgendwas nicht stimmte. Meine Beine waren wackelig und schwach. Mir war übel und schwindelig, und ich hatte keinen Appetit. Meine Muskeln waren wie schlaffe Gummibänder, die mein Gewicht nicht tragen konnten. »Ich fühl mich nicht ganz wie ich selbst«, wie meine Tante immer zu sagen pflegte, wenn sie krank wurde, und ich begriff zum ersten Mal, was sie damit meinte. Da heute ohnehin Sonntag ist und es keinen dringenden Grund gab, mich aus den Federn zu zwingen, habe ich beschlossen, mir den Vormittag freizugeben. Ich hatte schließlich eine Pause verdient. Ich musste meine Batterien neu aufladen und wieder zu Kräften kommen.

Vielleicht lag es auch am gestrigen Abend. Die Feier im Park. Eine Feier des Todes sozusagen. Ich habe die Ereignisse aufmerksam verfolgt und muss zugeben, dass es mir einen regelrechten Kick gegeben hat. Vielleicht war mir heute Morgen deshalb so schwummrig. Vielleicht habe ich unter einem »Todeseuphorie-Kater« gelitten. Wenn dem so war, möge es der erste von vielen gewesen sein.

Und was habe ich den ganzen Vormittag im Bett gemacht? Habe ich überlegt, geplant, selektiert, antizipiert und Erinnerungen und wilden Fantasien nachgehangen? Nun ja, all das. Ich bin sehr kreativ, auch wenn das selten bemerkt und ganz bestimmt nie gefördert wird. Die Leute neigen dazu, einen in eine Schublade zu stecken. Sie denken, sie kennen einen. Und sie werden selbstgefällig in ihrer Wahrnehmung von dem, wer man ihrer Meinung nach ist. Sie wollen dieses Bild nicht in Frage stellen oder verändern. Sie wollen nicht mehr über einen wissen.

Und in Wahrheit wissen sie gar nichts.

Meine Tante zum Beispiel.

Sie glaubte mich zu kennen.

Sie irrte.

Habe ich schon erwähnt, dass ich sie getötet habe?

Schande über mich, obwohl ich ehrlich gesagt keine Scham empfinde. Nicht mehr. Das habe ich jahrelang getan. Viel zu viele Jahre, wie ich heute weiß. Nicht Scham darüber, dass ich sie getötet habe. Keineswegs. Sie hatte ihr Schicksal verdient. Nein, die Scham, die ich meine, war die Scham, die ich mit mir herumgetragen habe, als meine Tante noch lebte. Mein Gott, was hat sie mich terrorisiert! Wie hat sie es geliebt, mir ein schlechtes Gewissen zu machen und mir das Gefühl zu geben, ich sei wertlos! Sie war einer der Menschen, die den Tod wirklich verdient hatten. Und sie war mein Debüt, mein erstes Mal. Mein Jungfrauenmord sozusagen.

Einige Erlebnisse mit meiner Tante habe ich bereits gestreift: die Geburtstagsfeier bei den Nachbarn, bei der sie mich beinahe hätte ertrinken lassen, und die Heimtücke, mit



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