Mozart--Die Rätsel seiner Zauberflöte by Hanskarl Kölsch

Mozart--Die Rätsel seiner Zauberflöte by Hanskarl Kölsch

Autor:Hanskarl Kölsch
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783848242443
Herausgeber: Books on Demand


Die drei Tempel: Das Priester-Gespräch

Als Tamino den linken Tempel betreten will, ruft aus dem Innern ein unsichtbarer Priester-Chor „Zurück“. Das gleiche geschieht am rechten Tempeleingang. Als er sich dem mittleren Tempel nähert, öffnet sich die Pforte und ein Priester tritt ihm entgegen.

Die Szene zwischen Tamino und dem Priester wird als ein Höhepunkt der Opernliteratur verstanden. Zum ersten Mal folgen Sprechtext, Rezitativ und Gesang nicht sequentiell aufeinander, denn die Szene ist eine musikalische Einheit, obwohl nur ein Partner singt. Die deklamatorischen Texte des Priesters sind mit den Melodiebögen Taminos verbunden, und es entwickelt sich eine melodische Deklamation: Sprecher und Sänger vereinen sich in Zwiegespräch oder Zwiegesang. Von hier führt die Entwicklung direkt zu Freischütz und Fidelio und sogar zu Wagners Musikdramen.

Der Priester gilt als Sprecher; er deklamiert ruhig, während Taminos Gesang vom Orchester expressiv begleitet wird. Diese in der Opernliteratur bisher noch nie gekannte Form markiert einen Grenzübergang: Tamino begibt sich aus seiner ihm bekannten Welt in die unbekannte, geheimnisvolle Welt Sarastros, den er für einen „Tyrannen“ hält. „Erzitt‘re, feiger Bösewicht! Pamina retten ist mir Pflicht.“

Die Dramatik der Szene entsteht durch ungleichen Wissensstand der Beteiligten: Tamino glaubt sich auf der Suche nach Pamina; aber er befindet sich bei dem Priester in einer Prüfungssituation. Der „Suchende“ wird wie jeder, der in den Orden der „Eingeweihten“ aufgenommen werden will, einer Prüfung unterzogen, „was“ er sucht. „Was suchst du hier in diesem Heiligtum“ fragt der Priester, und Taminos Antwort birgt mehr als er selbst ahnt; er antwortet nicht: „Pamina“, sondern: „der Lieb und Tugend Eigentum.“

Der Priester widerspricht: Tamino werde nicht von Liebe und Tugend geleitet, sondern von Rache: „Rache für den Bösewicht.“ Er kann es nicht begreifen: vor dem Tempel der Weisheit führt er ein Gespräch mit einem klugen Priester, aber Herr dieser Priesterschaft ist der „Bösewicht“ Sarastro. In einem wilden und zugleich qualvollen Ausbruch wechselt die Tonart in das schmerzliche g-moll: „So ist denn alles Heuchelei.“ Der Priester deutet an, dass Sarastro edle Gründe hatte, die Tochter von ihrer Mutter zu entfernen. Mehr wird Tamino nicht offenbart, denn auch der Priester unterliegt dem Schweigegebot; der Prüfling muss Geduld üben, ohne die Gründe zu kennen. Dies scheint der Augenblick zu sein, in dem Tamino spürt, auf welchem Weg er sich befindet. „Wann also wird dies Dunkel schwinden.“ Er strebt nach Wissen. Die Antwort des Priesters formuliert in ritueller Feierlichkeit das Ziel der Einweihung: „Sobald dich führt der Freundschaft Hand / ins Heiligtum zum ew‘gen Band.“

Mit dieser geheimnisvollen Offenbarung wird Tamino alleine gelassen. Er kann das Rätsel nicht lösen und ist verzweifelt: „Oh, ew’ge Nacht, wann wirst du schwinden?“ Seine Niedergeschlagenheit („Oh, ew’ge Nacht“) singt er genau auf eine Tonfolge der Arie der Königin der Nacht („Oh zittre nicht!“). Zu dem Wort „Nacht“ (Täuschung) erklingt im Orchester eine scharfe Dissonanz. Tamino durchschaut jetzt die Welt der Nacht und sucht Wissen. Zu seiner Überraschung wird die Verzweiflungsfrage von einem unsichtbareren Priesterchor aus dem Tempelinnern beantwortet: „Bald – bald – Jüngling oder nie!“ Er fragt die Unsichtbaren, ob Pamina noch lebe, und hört in der gleichen, ruhigen,



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