Mord am Main by Monika Rielau Angela Neumann
Autor:Monika Rielau, Angela Neumann
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: #subject#
ISBN: 978-3-95819-064-1
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
veröffentlicht: 2015-02-12T00:00:00+00:00
Kapitel 34
Als Willy aus dem Lokal trat, lieà er erst einige Schritte weiter die zurückgehaltene Luft aus seinem Mund entweichen. Um nichts in der Welt wollte er bei Uli den Eindruck erwecken, dass er sich bei dieser Aussage aufgeregt hatte. Er wollte bei Uli das Bild eines coolen, entschlossenen Menschen hinterlassen, der sich nichts mehr gefallen lieÃ, und es sah so aus, als ob es ihm gelungen war, denn Uli war offensichtlich über seinen Satz so verblüfft gewesen, dass er zu keinem Kommentar mehr fähig gewesen war. Dieser Auftritt war Willy gelungen. Stolz ging er die paar StraÃen zu seiner Wohnung.
Zu Hause angekommen, goss er sich einen Schnaps ein und sah die Spätnachrichten im Fernsehen. Als er sich entkleidete, stellte er sich vor den Spiegel und betrachtete aufmerksam seinen aufgedunsenen, bleichen Leib. Ja, er zwang sich geradezu, seinen verfetteten Körper ganz genau anzusehen. Was er sah, gefiel ihm ganz und gar nicht. So mitleidlos hatte er sich in den letzten Jahren noch nie betrachtet. Nein, eine Schönheit war er wahrlich nicht. Er stellte sich vor, wie dieser nackte Körper auf andere Personen wirkte. Auf andere Personen, die er körperlich begehrte.
Willy schämte sich schon lange für seinen Körper. Er schämte sich so sehr, dass er nur selten seiner Vorliebe für gutaussehende, schlanke junge Männer nachging. Wenn er seinen Trieb gar nicht mehr unterdrücken konnte, fuhr er in das Strichermilieu nach Mainz und besorgte sich einen jungen Mann. Willy war wählerisch und extrem vorsichtig. Wenn ihm einer zu neugierig oder zu offensichtlich drogenabhängig vorkam, lieà er sich auf nichts ein. Er nannte nie seinen richtigen Namen und benutzte immer einen anderen Mietwagen, denn er wollte unter keinen Umständen erpressbar sein. Er traf sich nie mit demselben Stricher und betrieb keine gewalttätigen Praktiken, die ihn auffällig machten für Racheakte oder kriminelle Machenschaften.
Sich selbst aber verzieh er nicht, dass er seine Bekanntschaften in diesem anrüchigen, schmierigen Milieu suchte. Nach diesen eher seltenen Eskapaden ekelte er sich vor sich selbst und verachtete sich. Er hätte gerne einen festen Freund gehabt. Aber es war ihm bisher nicht gelungen, jemanden kennenzulernen, den er wirklich liebte und der auch ihn mochte. AuÃerdem wollte er seiner Umgebung auf keinen Fall Anlass zu Spekulationen geben. In seinem Umfeld wusste keiner, dass er schwul war. Nicht einmal seiner Schwester Doris hatte er von diesem sorgsam gehüteten Geheimnis erzählt.
Aber mit den Jahren fiel es ihm immer schwerer, gegen seine Natur zu leben. Er brauchte dringend eine Person, mit der er über seine Bedürfnisse sprechen konnte. Warum war Uli immer so gemein zu ihm? Mit Uli hätte er sich vorstellen können, eine Beziehung zu haben. Aber der war seit Jahren mit diesem Windhund Siggi liiert. Nach der Trennung der beiden sah Willy jetzt eine Chance, sich ihm zu nähern. Er müsste nur sein äuÃeres Erscheinungsbild ändern. Er müsste abnehmen. Wenn er schlank wäre, würde Uli ihn sicher mit anderen Augen sehen.
âºWiderliche fette Sauâ¹ hatte Uli damals zu ihm gesagt. Das hatte sich tief in seiner Seele eingegraben. Der Stachel dieser bösartigen Kränkung saà so tief, dass sie nicht ungesühnt bleiben konnte.
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