Moira Rusconi ermittelt 01 - Mord in Montagnola by Mascha Vassena
Autor:Mascha Vassena [Vassena, Mascha]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Eichborn
veröffentlicht: 2022-04-29T03:00:00+00:00
11
Ferrone entschied, dass Valerie Eger von Chiara und Moira als Dolmetscherin zu Hause befragt werden sollte.
»Er meint, wenn wir das Mädchen auf die Station bestellen, wird sie zu eingeschüchtert sein, um zu reden. AuÃerdem brächten die Eltern garantiert einen Anwalt mit. Ich denke, er hat recht. Zu Hause, wenn nur die Eltern dabei sind, hat es einen weniger offiziellen Charakter«, sagte Chiara am Telefon. »Bist du heute Nachmittag verfügbar?«
»Ich glaube schon. Ich fahre jetzt ins Krankenhaus, meinen Vater besuchen. Er hatte gestern Abend wieder einen Schlaganfall, zum Glück nur einen leichten.«
»Bist du sicher? Die Dolmetscherin, für die du eingesprungen bist, ist wieder gesund â ich kann auch sie anfragen.«
»Aber es hieà doch, ich soll den Fall komplett begleiten. Ich will unbedingt dabei sein.«
Chiara seufzte. »In Ordnung. Ich bin froh, wenn du weitermachst. Aber Familie geht vor, ja? Du musst nur rechtzeitig Bescheid geben.«
»Versprochen.«
»Wir treffen uns um achtzehn Uhr vor dem Haus. Dann wird das Mädchen aus der Schule zurück sein, und wahrscheinlich sind auch ihre Eltern zu Hause«, sagte Chiara.
Nach dem Gespräch setzte Moira sich ins Auto und fuhr zum Krankenhaus. Je näher sie ihm kam, desto ängstlicher wurde sie. Aus der Klinik hatte sie nach wie vor niemand angerufen. Auch ihr Versuch, telefonisch Auskunft zu erhalten, war erfolglos geblieben. Sie hatte sich eingeredet, das sei ein gutes Zeichen, aber jetzt war sie nicht mehr so sicher.
Mit trockenem Mund und klopfendem Herzen fuhr sie im Aufzug in den neunten Stock zur Stroke Unit. In dem Büro, in dem man sich anmelden musste, saÃen zwei Pfleger, tranken Kaffee und lachten gerade über irgendetwas. Moira hatte das Gefühl, zu stören, auch wenn der gröÃere der beiden Männer bereitwillig aufstand und im Computer nachsah, ob sie ihren Vater besuchen konnte.
»Ich sehe hier nicht, wie es ihm geht, aber Sie können rein«, sagte er. Moira bedankte sich, als er den Türöffner drückte.
Mit einem mulmigen Gefühl im Magen blieb sie vor der Zimmertür ihres Vaters stehen. Was, wenn er nicht bei Bewusstsein war? Oder sich sein Zustand verschlimmert hatte? Zaghaft drückte sie die Klinke hinunter und öffnete die Tür.
Ambrogio thronte aufgerichtet und von Kissen gestützt im Bett. Auf der Bettkante saà eine zierliche Frau mit einem blonden Pagenschnitt. Ihrem weiÃen Kittel nach zu schlieÃen gehörte sie zum Klinikpersonal. Die beiden lachten gerade herzlich. Moira war unendlich erleichtert, ihren Vater so zu sehen.
»Moira, tesoro!«, tief ihr Vater und winkte sie heran. »Du musst unbedingt Dottoressa Nunez Cardoso kennenlernen. Sie hat mir das Leben gerettet.« Seine Aussprache war leicht schleifend und verwaschen. Es klang, als hätte er ein bisschen zu viel getrunken.
Moira trat ans Bett und umarmte ihren Vater.
»Du kannst ja schon wieder richtig gut sprechen.«
Die Ãrztin hob mahnend einen Finger. »Da gibt es noch einiges zu tun. Ihr Vater hat mir versprochen, regelmäÃig seine logopädischen Ãbungen zu machen, die er während der Rehabilitation lernen wird.«
»Musst du in eine Rehaklinik?«, sagte Moira erschrocken.
»Die kann er ambulant machen, wenn er möchte.« Die Ãrztin stand auf. »Gut, wir haben ja fürs Erste alles besprochen. Morgen Vormittag nach der Visite dürfen Sie nach Hause, wenn alles in Ordnung ist.
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