Mitternachtsmesse by F. Paul Wilson

Mitternachtsmesse by F. Paul Wilson

Autor:F. Paul Wilson [Wilson, F. Paul]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-02-16T05:00:00+00:00


Zweiter Teil:

Mann im Zwielicht

6

Joe

Während des scheinbar endlosen Fluges hatte Joe sämtliches Zeitgefühl verloren. Doch das Ende hatte er deutlich gespürt: Die kalten Finger hatten seine Knöchel losgelassen und er war gefallen. Bevor er vor Entsetzen aufschreien konnte, war er hart aufgekommen, mit dem Kopf zuerst. Nur die vielen polsternden Schichten der Decke, die ihn umhüllte wie ein Kokon, hatten verhindert, dass er sich den Schädel brach.

»Das ist der Priester«, sagte eine raue Stimme. »Durchsucht ihn und bringt ihn nach oben. Franco wartet auf ihn.«

Dann wurde Joe ins Rollen gebracht – und zwar durch einen Fußtritt. Als er spürte, wie seine Fesseln sich lösten, ballte er die Fäuste und bereitete sich auf einen Kampf vor. Doch als ihm die Decke vom Gesicht gezogen wurde, blendete ihn das Licht.

Es war Neonlicht. Jemand hatte also Strom.

Während er ins helle Licht blinzelte, wurde er erneut getreten, diesmal in die Rippen. Er kämpfte sich in eine sitzende Position und etwas Kaltes und Stahlhartes traf ihn seitlich am Kopf.

»Schön langsam, Gottesknabe«, sagte eine neue Stimme links von ihm, und rechts von ihm stieß jemand ein blökendes, raues Lachen aus.

Joe stöhnte vor Schmerz und hielt sich den Kopf. Er blinzelte noch einmal und konnte schließlich etwas sehen.

Er saß auf einem Bürgersteig, in einem Lichtkegel, der durch die aus Messing und Glas bestehende Drehtür eines massiven Granitgebäudes fiel. Der Rest der ihn umgebenden Welt lag dunkel und still da. Ein rotes Vordach versperrte ihm größtenteils die Sicht nach oben. Über der Drehtür sah er die Zahl 350. Um ihn herum stand ein halbes Dutzend Männer, die die Ohrringe trugen, die er nur allzu gut kannte. Der am nächsten Stehende hielt einen riesigen Revolver in der Hand; wahrscheinlich hatte dessen langer Lauf ihn gerade am Kopf getroffen.

Vichys.

Derjenige neben dem Revolverhelden spielte mit einem Messer, das eine gemein aussehende, gekrümmte Klinge hatte. Er drehte es auf einer Fingerspitze, während er sagte: »Das muss wohl einer von dieser Bürgerwehr von der Küste sein, häh? Der Typ, der Gregor getötet hat?« Er trat Joe gegen den Oberschenkel. »Guck nicht so hart. Hey, Barrett. Was meinste, sollen wir ihn noch’n bisschen zähmen, bevor wir ihn zu Franco bringen?«

Bürgerwehr?, dachte Joe. Zev hatte von einer Gruppe erzählt, die die hiesigen Vichys umbrachte. War er deshalb hierhergebracht worden – wo immer er auch war?

»Nicht, solange ich hier das Sagen habe«, erwiderte der mit der Pistole. Barrett. Es war die gleiche Stimme, die ihn einen »Gottesknaben« genannt hatte. Er trug einen hellbraunen Armani-Anzug aus Seide und ein weißes, am Kragen offenes Hemd. Die Sachen passten ihm wie angegossen. »Er wird keine beschädigte Ware wollen. Wenn ihm Schaden zugefügt wird, wird Franco das selbst tun wollen.«

Joe sah sich um. »Wo bin ich?«

»In Schwierigkeiten«, antwortete Barrett.

Der mit dem Messer, ein Jeans tragender Bärtiger, blökte wieder vor Lachen. »Japp. In großen Schwierigkeiten! Würd nicht gern in deiner Haut stecken, nee-nee!«

»Schleppt ihn hoch ins Büro«, befahl Barrett. »Wir durchsuchen ihn da.«

Zwei der Vichys packten ihn unter den Armen und zerrten ihn grob durch eine offene Glastür neben der Drehtür. Sie betraten eine gewölbte Vorhalle aus poliertem, graubeigen Marmor.



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