Miss Seetons erster Fall by Heron Carvic

Miss Seetons erster Fall by Heron Carvic

Autor:Heron Carvic
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Tags: Krimi
Herausgeber: EGON
veröffentlicht: 2011-11-26T23:00:00+00:00


7

Wirklich, es war sehr verwirrend. Treten Sie die Erde beim Pflanzen gut fest, damit an den Wurzeln keine Lufttaschen zurückbleiben. Das klang klar und vernünftig. Dann, ein paar Seiten später, unter Pflege und Wartung: Hacken Sie gut rund um die Wurzeln, damit Luft herankommt. Eigentlich schade, daß man die Luft nicht gleich von Anfang an dort gelassen hatte. Und auf Seite 53: Rosen dürfen Sie niemals hacken, da ihre Wurzeln dicht unter der Oberfläche liegen, könnten sie leicht beschädigt werden. Miss Seeton klappte das Buch zu und legte es neben sich auf den Rasen. Wegweiser für Gartenfreunde – ja, aber welchen Weg wies er? War es mit Gartenbau vielleicht genauso wie mit vielen anderen Berufen? fragte sie sich. Erfolglose Sängerinnen gaben bekanntlich oft Gesangsunterricht, erfolglose Schriftsteller schrieben Bücher mit dem Titel Wie lerne ich schreiben?, und erfolglose Malerinnen wurden, wie man selbst nur zu gut wußte, nicht selten Zeichenlehrerinnen. Und in der Tat tröstete man sich gern mit dem Gedanken, daß gerade solche Leute die besten Lehrer seien. Und natürlich hätte man, wenn man erfolgreich wäre, gar keine Zeit zum Unterrichten. War es so, daß erfolglose Gärtner Gartenbücher schrieben? Oder war eine solche Idee Ketzerei? Zumindest bekam man den Eindruck, wenn man nur die Hälfte von dem tun würde, was für das Gedeihen einer x-beliebigen Pflanze anempfohlen wurde, man für nichts anderes mehr Zeit haben würde, nicht einmal fürs Essen. Wirklich, alles sehr verwirrend. Am besten fragte sie Stan… Hatte es da nicht geklopft? Wahrscheinlich jemand, der es vergebens an der Vordertür versucht hatte. Sie stand auf, ging über den Rasen, nahm den Schlüssel vom Nagel und schloß das Seitentörchen in der Mauer auf.

»Hättense nich an was Interesse, Miss?« Helle Augen leuchteten unter einem rötlichen Haarschopf. Die geschmeidigen, schnellen Bewegungen der Jugend… sympathisch. Der klare kindliche Teint, der bald unter Pickeln verschwinden würde. Kälberspeck, der Magerkeit weichen würde. Ein argloser Cherub, der sich allmählich in ein hinterlistiges Frettchen verwandelte.

Miss Seeton verstand nicht gleich. »Interesse? An was?«

»Gott, irgendwas, Miss. Grünzeug, Sprudel, Eier, Käse, Konserven. Nich gelogen: Sagense, wasse wolln, wir hams.«

»Tja, ich glaube nicht, daß ich etwas brauche. Augenblicklich nicht, vielen Dank.«

»Na, nu hörense doch! Billiger wie geschenkt. Ohne Zwischenhandel, verstehnse? Wir bringens Ihnen direkt vors Haus, un Sie suchen sich aus, wasse wollen. Kommense, sehense bloß mal«, schmeichelte er. »Verflichtetse ja zu nischt, bloß mal kieken.«

Miss Seeton ging durch das Törchen, während er zur Seite trat. Quer über den Gehweg, die hinteren Türen offen, so daß sie rechts und links des Tores die Mauer berührten, stand ein klappriger Lastwagen, dessen rückwärtiger Teil in einen geschlossenen Lieferwagen umgebaut worden war. Auf dem Plankenboden lagen zwei, drei welke Kohlköpfe mit gelben Blättern, standen ein paar Flaschen Limonade und ein Karton, aus dem Seifenpulverpakete und Konservendosen heraussahen.

Miss Seeton betrachtete das armselige Angebot. »Leider brauche ich wirklich nichts, glaube ich…«

Ihre Stimme ging in gedämpftes Quaken über, als ihr ein Sack über den Kopf gestreift wurde, sie an den Knöcheln gepackt und zwischen die Waren geschoben wurde. Die Türen schlossen sich, ein Schaukeln, als sich der Fahrer hinter das Steuer schwang, und ein Knall, als er die Tür der Fahrerkabine zuschlug.



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