Mein Schutzengel ist ein Anfänger: Eine wahre Geschichte vom Trösten und Getröstetwerden by Maximilian Dorner

Mein Schutzengel ist ein Anfänger: Eine wahre Geschichte vom Trösten und Getröstetwerden by Maximilian Dorner

Autor:Maximilian Dorner
Die sprache: deu
Format: mobi
Tags: Ratgeber, Wirtschaft, Biografien & Erinnerungen, Beschwerden & Krankheiten, Multiple Sklerose, Gesundheit & Medizin
Herausgeber: Albrecht Knaus Verlag
veröffentlicht: 2012-10-21T22:00:00+00:00


19.

Wenn die Menschen wüssten, was sie alles in sich entdecken könnten, hätte keiner mehr einen Fernseher.

»Sie müssen mit Ihrer Leber in Kontakt kommen.«

Karl nimmt die Hand vom Brustkorb seines Klienten. All die unterdrückte Wut wäre in dem Organ gespeichert, an die müsse er ran. Sonst gäbe es irgendwann ein Unglück. All die enttäuschten Hoffnungen auf Heilung, die hätten sich tief eingebrannt. Max öffnet die Augen und dreht den Kopf fragend zu ihm.

»Wie oft hat man Ihnen denn schon gesagt, dieses oder jenes würde Ihnen helfen, und dann war es wieder nichts? Im Gegenteil, es wurde schlechter, nicht wahr?« Als Max nickt, fährt Karl fort: »Legen Sie die Hand auf die Leber, hier am Brustkorb, und googeln Sie in Ihrem Gedächtnis ›unterdrückte Wut‹ oder Begriffskombinationen wie ›Wut Vater Mutter‹, und dann schauen Sie mal, was die Suchmaschine ausspuckt.«

»Und wenn die Wut da ist, was mache ich dann mit ihr?«

Die Wut habe eine bestimmte Frequenz, erklärt Karl. Und indem er sich ihrer bewusst werde, sende die Hand die entsprechende Gegenfrequenz aus. Der Rest folge den Gesetzen der Physik: Frequenz und Gegenfrequenz heben sich gegenseitig auf. Damit werde die zellulär gespeicherte Information gelöscht und die Leber ein Stück betriebsfähiger, weil sie sich nicht mehr mit dem unnötig belegten Speicherplatz herumplagen müsse.

»Aha.« Max kann seine Enttäuschung schwer verbergen.

Mr. Spock, beamen Sie die Wut auf der Stelle mit dem Frequenzdoppler weg. Und dann leiten Sie sofort eine Gehirntransplantation ein. Also dalli!

Den Rest der Stunde unterhält Max sich mit immer neuen Variationen der Folge »Intergalaktische Begegnung mit der Leber«.

An diesem Abend lässt Max die Hände nach einem halbherzigen Gebet gefaltet. Da war doch was! Leber, bitte melden!, schießt ihm durch den Kopf und: Entweder heute oder nie. Vielleicht ist an der Sache mit dem Frequenzdoppler ja doch was dran.

Zögerlich legt er die linke Hand auf den rechten Rippenbogen. Hat Karl links oder rechts gesagt? Max versucht zu rekonstruieren, wo sein Heiler stand, als er ihm das mit dem Speicherplatz erklärte. Also rechts. Aber wirklich so weit oben? Die Leber ist doch eigentlich auf Hüfthöhe, oder drüber? – Morgen würde er im Internet nachsehen, und wehe, Karl hätte ihm die falsche Stelle gezeigt! Dann – dann – Max fällt keine andere Drohung ein außer der, die Behandlung abzubrechen.

Als er seine Aufmerksamkeit endlich auf die Hand richtet, spürt er nichts außer dem Atemschwanken wie auf Deck eines Schiffs bei mittelschwerem Seegang. Rauf und runter geht es mit dem Brustkorb, manchmal mit Stockungen. Bald bemerkt er, dass jeder Atemzug sich von dem vorherigen ein wenig unterscheidet. Mal hebt sich mehr das Bauchheck, mal der Rippenbug, mal klatscht alles mit Rums nach unten, mal gleitet es sanft dahin. Auch die Rippen fühlen sich nicht wie festbetoniert an, sondern wie lose miteinander verbundene Planken, jede mit Eigenleben. Seine Leber müsste schon lange seekrank sein … Aber, so ermahnt er sich, er soll ja nicht Seemann spielen, sondern sich um die Wut kümmern. Gegenfrequenzen und so. Max fällt T. ein, die unerwiderte Liebe des vorletzten Herbstes, und wie er abserviert wurde bei einem Cappuccino zwischen zwei Terminen.



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