Meer geht nicht Roman by Claudius Pläging

Meer geht nicht  Roman by Claudius Pläging

Autor:Claudius Pläging [Pläging, Claudius]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426429839
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 2016-02-27T00:00:00+00:00


13

Ich dachte schon, ihr habt euch in dem Ding eine Wohnung genommen«, ätzte Tillmann, als wir zurückkamen. Er stand mit nacktem Oberkörper am Kofferraum.

»Sorry, wir wurden aufgehalten«, erklärte ich.

»Ist das da Soße an deinem Kinn? Jetzt sag nicht, ihr habt euch da drinnen den Bauch vollgeschlagen, während wir hier fast verhungert sind.«

»Warum hast du kein T-Shirt an?«

»Stell dir vor, ich bin euch suchen gegangen, weil das so lange gedauert hat – einmal ums komplette Haus. Und dann fällt plötzlich irgend so eine Scheiße vom Himmel und versaut mir meine Klamotten.«

»Ist nicht wahr.« Ich wischte schnell die Soße aus meinem Gesicht, bevor Tillmann merkte, dass der Fleck auf seinem T-Shirt die gleiche Farbe hatte. Pauline und ich warfen uns einen wissenden Blick zu.

In der Zwischenzeit hatte Frank das Kunststück fertiggebracht, mit seinem Laptop über Tillmanns Handy online zu gehen. So hatte er herausgefunden, dass es in etwa fünfundzwanzig Kilometer Entfernung eine kleine Stadt mit mindestens drei Hotels oder Pensionen gab.

»Die hätten vermutlich ein besseres Foto abgegeben«, ärgerte ich mich.

»Was das angeht …« Frank öffnete einen Ordner auf seinem Desktop. »Ich habe mal ein paar Urlaubsfotos runtergeladen, alle aus der Gegend um Lignano.«

»Urlaubsfotos – von wem?«

»Von irgendwem. Es gibt viele Leute, die im Internet ganze Alben veröffentlichen.«

Der Bildschirm zeigte zig Bilder in Miniaturansicht – Meer, Strand, Landschaft, Hotels, Restaurants, einfach alles.

»In Lignano sieht es ganz nett auf, findest du nicht?«, fragte Tillmann mit so vorwurfsvollem Unterton, dass es eigentlich eher ein Überton war.

»Geht so«, log ich und wendete mich wieder Frank zu. »Hätte dir das nicht einfallen können, bevor wir uns hier in Lebensgefahr begeben und ich Friederike eine Plattenbausiedlung mit Blick auf ein Industriegebiet als Urlaubsidylle verkaufe?«

»Ich war die ganze Zeit nicht online.«

»Studiert IT-Computer-Ingenieur-Master-of-the-Universe-zwei-punkt-null-Dingsbums, ist aber nicht in der Lage, online zu gehen, wenn keine Fritz-Box direkt vor seiner Nase steht!«, herrschte ich ihn an. Vielleicht ärgerte ich mich auch ein bisschen, dass ich nicht selbst auf die banale Idee gekommen war, Friederike Urlaubsfotos anderer zu schicken. Aber so war es mit den meisten Ideen: Im Nachhinein schienen sie total naheliegend zu sein. Wir waren uns alle einig, dass fünfundzwanzig Kilometer zu weit weg waren, schließlich mussten wir den Weg auch wieder zurück, um uns später den CycleTex-Laster vorzuknöpfen.

Ansonsten befinde sich nur eine einzige Pension in der Nähe, erklärte Frank. »Die sieht auf dem Foto im Internet aber irgendwie komisch aus«, fügte er hinzu. Immerhin seien die Bewertungen mittel, wobei die Kommentare allesamt auf Ungarisch verfasst seien und er deshalb nicht im Detail sagen könne, was genau an besagter Unterkunft so mittel sei.

Mich beschlich ein ungutes Gefühl, aber ich beruhigte mich damit, dass die Pension immerhin im Internet vertreten war, dann konnte es doch nicht so schlimm sein. Außerdem war mir klar, dass ich mich mit Miesmache zurückhalten musste – immerhin war ich für diesen ganzen Schlamassel verantwortlich. »Wird schon in Ordnung sein«, lächelte ich meine Zweifel weg. Ich spürte einen prüfenden Blick von Pauline – keine Frage, sie durchschaute mich. Ich lächelte noch breiter.

Hätte die Pension mit dem Slogan »Irgendwie komisch« geworben, man hätte sie verklagen können.



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