mayday mayday ... eastern wings 610 by Heinz G. Konsalik

mayday mayday ... eastern wings 610 by Heinz G. Konsalik

Autor:Heinz G. Konsalik [Konsalik, Heinz G.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-29T04:00:00+00:00


»Wohin, Sir?«

Der Portier des ›Dupont‹ hatte Brückner den Schlag aufgerissen. Hinter dem Steuer des Taxis saß diesmal kein blonder Pferdeschwanzjunge, sondern ein Kubaner. Der normale Anblick also. Und der ›Marielito‹ hier wirkte außerdem dick, gemütlich und solide.

»Coconut Grove.«

»Und wohin da?«

»Tranquilo, tranquilo«, erwiderte Brückner. »Lassen Sie mich an der Comodore Plaza raus. Oder. Moment mal …«

Er zog das alte, hunderttausendfach bewährte Notizbuch mit dem Straußenledereinband heraus und blätterte. »Kennen Sie die Mango Street?«

»Natürlich. Ist bei der Comodore gleich um die Ecke. Soll ich Sie vielleicht dort …«

»Nicht nötig. Die Comodore reicht mir.«

Auch wenn ihn der Fahrer stur englisch anredete, in einem fast akzentfreien Englisch – als Miami-Kenner nahm er ihn offensichtlich für voll.

Der Wagen glitt die Auffahrt zum Biscayne Boulevard hoch und fuhr gemächlich Richtung Süden. Ab und zu, zwischen Häuserschluchten, oder bei den Brückenauffahrten war das Glitzern der Bay zu sehen. Der Kubaner hatte sich zurückgelehnt, steuerte mit den Fingerspitzen und summte irgend etwas vor sich hin. Die kleine, goldene Madonnafigur, die vom Rückspiegel herabhing, pendelte friedlich. Auf dem Armaturenbrett hatte er im silbernen Plastikrahmen die Fotos von drei Kindern und einer gleichfalls rundlichen Frau aufgereiht. Dazu lief die Klimaanlage. Brückner fühlte sich wohl.

Sie kamen an einem Park vorbei, passierten Bayshore-Drive, und da war nun die Plaza mit ihren Platanen, den tongepflasterten, breiten Bürgersteigen, über die die Skateboards-Boys jagten, mit den Gaslampen-Kopien, den bonbonfarbigen zwei- und dreistöckigen Häusern, der ganzen Atmosphäre, die sie ›groovy‹ nannten und die auch Brückner bei seinen regelmäßigen Zwischenstops in Miami immer dann angelockt hatte, wenn es ein paar Stunden mehr als eine dämliche Ruhepause zu absolvieren gab.

»Wie Schwabing!« hatte sich Anja begeistert, als er sie in eines der Straßencafés geführt hatte. »Mensch, Paul! Wie Schwabing, oder Chelsea …«

»Und was für ein Jammer, daß du keinen Künstler dabei hast, was?« hatte er gespottet.

Er stieg aus, setzte sich an einen der Tische und beobachtete einen Mann, der sich als Hemdersatz jede Menge Öl auf den Oberkörper geschmiert hatte, weite Seidenhosen trug und sich um den Kopf wie ein Sikh einen Turban gebunden hatte. Bloß daß sich Sikhs keine Plastikwellensittiche an die Turbane klemmten. Niemand nahm von ihm Notiz. Nur Brückner. Aber auch für ihn waren die Mädchen in ihren kunstvoll zerschnittenen oder direkt unter dem Po abgesäbelten Jeans bald interessanter …

Er bestellte bei der Kellnerin einen Cuba libre, trank drei Schluck und versuchte dabei, sich das Gesicht vorzustellen, das Bruno Konietzka machen würde, wenn er nach so langer Zeit bei ihm auftauchte.

Nach so langer Zeit? Wie lange eigentlich? Fünf Jahre.

Und auch damals, im Flughafen von Guayaquil, war es reiner Zufall gewesen … Eigentlich hast du dich ziemlich übel benommen, dachte er. Du kannst hundertmal sagen, daß man Freunde nicht zu sehen braucht, daß es genügt, zu wissen, daß es sie noch gibt, aber schließlich hat er dir diese Postkarte geschickt! Auf der einen Seite ein Miami-Beach-Girl mit nacktem Superbusen, auf der anderen nichts als ein nackter, ziemlich ungelenk gezeichneter Männerhintern und der Spruch: »Kannst mich mal!«

Darunter aber stand die Adresse.

Und jetzt soll derselbe Konietzka der große Nagel werden, an dem du deine Probleme aufhängen willst? Falls er überhaupt noch hier ist.



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