Martha's Kinder by Suttner Bertha von

Martha's Kinder by Suttner Bertha von

Autor:Suttner, Bertha von [Suttner, Bertha von]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Biografie, Geschichte, Roman
veröffentlicht: 2011-04-12T23:00:00+00:00


XIX.

Rudolf stahl sich hinaus. Er war nicht aufgelegt, in Privatgesprächen den Gegenstand weiter auszuführen, über den er soeben eine Rede gehalten. Und ein eigentümliches Trauergefühl hatte sich seiner bemächtigt – etwas wie Abschiedsweh, das ihn drängte, sich von der heiteren Gesellschaft zu entfernen, und in einem einsamen Winkel seinen Gedanken nachzuhängen.

Er suchte sein einstiges Arbeitszimmer – das Harlekinzimmer – auf. Es war schon halb ausgeräumt, die ihm persönlich gehörenden Bücher und Bilder in herumstehenden Kisten verpackt. Der Raum war durch eine Ampel von mattem Glas nur schwach beleuchtet. Dagegen sah man durch das unverhüllte breite Fenster hellen Mondenschein. Rudolf trat hin und lehnte die Stirn an die Scheibe. Wie zauberhaft lag da der Park seines schönen Brunnhof ... Nein, nicht mehr sein Brunnhof. ... Das war ja der Gedanke, den er ausspinnen wollte, das war das wehmütige Bewußtsein, das ihn beschlichen hatte: vorbei!

Zwischen seinem alten Leben, und dem, dem er jetzt entgegenging, war nunmehr wie ein eiserner Vorhang herabgerollt. Und ein Abgrund war gegraben, zwischen ihm und den meisten Menschen, mit denen er durch verwandtschaftliche oder gesellschaftliche Bande verbunden gewesen. Vorbei die kameradschaftliche Gemeinschaft mit seinen Standesgenossen; vorbei die huldreiche Freundschaftlichkeit der Spitzen des Landes,– vorbei die ehrerbietige Hingebung seiner zahlreichen Beamten- und Dienerschaft; vorbei diese ganze Machtstellung, die aus dem Chef eines adeligen Majorats einen kleinen Potentaten macht ... dem allen ein ewiges vale – –

Aber auch intimeres Abschiedsleid erfaßte ihn. In diesen Mauern, die er nun verließ, hatte sein häuslicher Herd gestanden. Auf dem Plätzchen da unten im Park unter der großen Linde, wie oft hatte er da die Wiege seines Söhnchens gesehen und darüber gebeugt, die holdselige Gestalt der jungen Mutter. Diesen Besitz freilich, dem hatte er nicht selber entsagt, den hatte ihn der Räuber Tod entrissen – aber es wäre ihm ja so leicht möglich gewesen, sich auf demselben Grund einen neuen Herd zu bauen, dem Hause eine neue Herrin zu geben – dem Stammsitz einen neuen Erben. Diese Möglichkeit war durch seinen Verzicht nun abgeschnitten.

Ein schwerer Seufzer hob seine Brust. So deutlich, so fest umrissen, so wirklich waren die Dinge, denen er entsagte, und so unsicher, so nebelhaft die Ziele, denen er entgegenstrebte. Nein, nicht die Ziele – die leuchteten ihm klar in Leitsternlicht, aber die dahin führenden Wege, die waren das unsichere.

Eine Hand legte sich sanft auf seine Schulter. Er wandte sich um.

»Du, Mutter?«

»Ich dachte wohl, daß ich Dich hier finden würde, mein Rudolf. Aber ich störe Dich vielleicht?«

»Ach nein ... Dich, gerade Dich jetzt hier zu haben, tut mir wohl. Denn Du bist die Einzige, die mich ganz verstehen kann ... auch in Anwandlungen der Verzagtheit ... verstehen und aufrichten.«

»Bist Du verzagt, weil die da unten Dich nicht verstanden haben? Wenn sie Dich verständen, wäre es da überhaupt nötig, als Lehrer und Kämpfer hinauszuziehen?«

»Hinaus, hinaus ins Dunkle, ins Kalte ...«

»Um in das Dunkel Licht zu tragen ... Aber kalt – ja, da hast Du wohl recht – unter den Fremden, unter den Massen weht es einen eisig an – und nur eines kann Wärme und Kraft geben –«

»Was ist das eine?« fragte Rudolf, da Martha inne hielt.



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