Long Dark Night by Ed McBain

Long Dark Night by Ed McBain

Autor:Ed McBain
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-01-31T23:00:00+00:00


Georgie und Tony hatten ein echtes Problem.

»Sache ist«, sagte Georgie, »daß die alte Lady sich jetzt nicht mehr daran erinnern kann, das Geld in das Schließfach gelegt zu haben.«

»Eine alte Lady, aber wie alt war sie?« fragte Tony. »Hast du den Umschlag gesehen, in dem das Geld steckt?«

Der Umschlag befand sich jetzt in der rechten Innentasche seiner Jacke. Er beulte die Jacke aus, als trüge er eine Waffe, was aber nicht der Fall war. Georgie hatte nur ein Schießeisen dabei, wenn er im Club war und auf Priscilla aufpaßte. Sonst war das viel zu gefährlich. Die Leute dachten womöglich, man sei ein bewaffneter Räuber oder so was. Georgie zog subtilere Möglichkeiten vor, das System zu schlagen. Und nur darum ging es - das System schlagen. Aber jetzt ging es um Priss Stetson.

»Der Umschlag sieht uralt aus«, sagte Georgie leise.

Die beiden Männer befanden sich im Restaurant des Busbahnhofs, nahmen ein frühes Abendessen zu sich und überlegten, was sie mit der beträchtlichen Geldsumme anfangen sollten, auf die sie zufällig gestoßen waren. Um kurz nach sieben war es hier noch nicht allzu voll. Vielleicht insgesamt ein Dutzend Leute. Am Nebentisch ein Schwarzer und eine Frau, bei der es sich um seine Mutter zu handeln schien. Drei Jungs in blauen Parkas, die offensichtlich noch aufs College zu gehen schienen, saßen an einem anderen Tisch auf der gegenüberliegenden Seite. Ein alter Knacker in den Sechzigern hielt Händchen mit einer jungen Blondine von vielleicht dreißig oder vierzig Jahren, entweder seine Tochter oder eine Nutte. Zwei Männer saßen über Wettformularen gebeugt und versuchten, die richtigen Pferdchen der morgigen Rennen herauszufinden.

Seit vierzehn Uhr schneite es. Hinter den hohen Fenstern des Restaurants trieben winzige, scharfe Schneeflocken von der Sorte, die auch liegen bleiben, durch die Luft und wurden vom Licht der Straßenlaternen erhellt. Der Schnee mußte schon zwanzig Zentimeter hoch liegen, und es sah nicht so aus, als würde es bald aufhören zu schneien. Im Restaurant herrschte das gemütliche, behagliche Gefühl vor, das Menschen empfanden, die sich an einem sicheren, warmen Ort befanden. Draußen kamen ständig Busse an oder fuhren wieder ab. Die Hunderttausend in dem vergilbten Umschlag brannten ein Loch in Georgies Tasche.

»Die Frage lautet«, sagte er, »wie sieht unsere Verpflichtung aus?«

»Unsere moralische Verpflichtung«, sagte Tony und nickte.

»Falls die alte Dame vergessen hat, daß das Geld da war.«

»Meine Großmutter vergißt ständig etwas.«

»Meine auch.«

»Sie sagt es auch. Ich meine, sie weiß es, Georgie. Sie sagt, ihr Kopf sitzt nur noch auf den Schultern, damit es nicht in den Hals regnet.«

»Sie vergessen einfach alles. Die alten Leutchen vergessen alles.«

»Kennst du den Witz über den Opa in dem Altenheim?«

»Ja, den hast du erzählt.«

»Nein, nicht den.«

»Den mit der Parkinsonschen Krankheit? Den hast du erzählt.«

»Nein, das ist ein anderer. Der alte Knacker lebt in einem Altenheim, der Arzt kommt in sein Zimmer und sagt: >Ich habe schlechte Nachrichten für Sie.< Der alte Knacker sagt: >Raus damit.< Der Arzt sagt: >Sie haben Krebs, und obendrein haben Sie Alzheimer.< Der alte Knacker sagt: >Puh, Gott sei Dank habe ich keinen Krebs.<«

Georgie sah ihn an. »Kapier ich nicht«, sagte er.



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