Kinkel, Tanja by Schatten von La Rochelle Die
Autor:Schatten von La Rochelle Die
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
Für Louis ging der Tag, der so angenehm begonnen hatte, miserabel zu Ende. Er besuchte seinen ältesten Sohn und stellte mit Befriedigung fest, daà das Kind ihn nunmehr liebevoll begrüÃte. Aber die Freude darüber wurde in dem Augenblick zerstört, in dem Anne hereinkam, um ihren Sohn ins Bett zu bringen. Der Junge rannte mit einer Begeisterung zu ihr, die sein Verhalten dem König gegenüber blaà erscheinen lieÃ.
Es war ebenso bitter wie ungerecht. Louis hatte seinen eigenen Vater, den einzigen Menschen, der ihm in seiner frühen Kindheit so etwas wie Zuneigung entgegengebracht hatte, vergöttert und sich nie wirklich von dem Schock seiner Ermordung erholt. Für seinen eigenen ältesten, so lange ersehnten Sohn jedoch zählte er offenbar nicht mehr als ein freundliches Mitglied der Dienerschaft.
Er konnte der Königin das nicht im Ernst zur Last legen, und er wuÃte es. Doch es war trotzdem ihre Schuld, und er konnte sie auf andere Weise dafür bestrafen. Er dachte an etwas, das ihm der Kardinal heute mitgeteilt hatte und das er eigentlich erst morgen dem Hof offiziell hatte eröffnen wollen.
»Madame«, sagte er brüsk, »es gibt Neuigkeiten aus Spanien. Einer Eurer Brüder schläft mit Eurer Freundin, der Herzogin von Chevreuse, und der andere ist tot.«
Er sagte absichtlich nicht, welcher von beiden, und hatte die Befriedigung, sie zusammenzucken zu sehen. Die Herzogin, die »Chevrette«, wie Richelieu sie nannte, war Annes leidenschaftlichste Parteigängerin und seit Jahren im Exil, aber sie hatte in ganz Europa berüchtigte Affären, in der Regel mit frankreichfeindlichen Fürsten wie Charles von Lothringen und jetzt Felipe IV. seinem Schwager, der bedauerlicherweise noch unter den Lebenden weilte. Es war der jüngere Bruder, der Kardinal-Infant, der gestorben war. Sein eigener Kardinal hatte ihn immer für den gefährlicheren von beiden gehalten, wegen seines groÃen Talents als Feldherr, aber soweit es Louis anging, hätte die gesamte spanische Königsfamilie in den Orkus verschwinden können. Dann wäre zumindest der Krieg zu Ende. Er hatte den Krieg mit Spanien allmählich satt.
»Danke dafür, daà Ihr es mir mitgeteilt habt, Sire«, sagte Anne, und es gelang ihr wieder einmal, ihm das Gefühl zu geben, im Unrecht zu sein. Ihr Sohn klammerte sich noch immer an sie, und ihre Hofdamen blickten sie mitleidsvoll an. Er sah sich kurz so, wie sie ihn sehen muÃte: grausam und kindisch. »Madame«, gab er knapp zurück und flüchtete, wofür er sich sofort wieder schämte.
Er dachte an die kurze Zeit, da er Anne tatsächlich gern gehabt hatte. Nach der fürchterlichen Hochzeitsnacht, als sie beide vierzehn gewesen waren, sah er sie zu selten, um überhaupt etwas für sie zu empfinden, aber als sie sechzehn wurden und Luynes, der liebe Luynes, ihm Concini und die Tyrannei seiner Mutter vom Hals schaffte, änderte sich das. Er hatte sich, was in seinem Leben sehr selten gewesen war, frei und glücklich gefühlt, und Anne als seine Königin war Teil seines Triumphes gewesen. Sie war zwar ein Mädchen, aber so hübsch und schlank mit ihren sechzehn Jahren, daà sie fast hätte ein Knabe sein können.
Dann war ihm allmählich aufgefallen, wie man sie bei Hofe allgemein bewunderte, während man ihn bestenfalls gönnerhaft ansah.
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