Kein Erbarmen by Ulrike Gerold

Kein Erbarmen by Ulrike Gerold

Autor:Ulrike Gerold
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
Herausgeber: zu KLAMPEN
veröffentlicht: 2013-08-29T22:00:00+00:00


16

Während Lisa wortlos ihren Tee schlürfte, hatte Tabori ein Omelett für sie gemacht. Er selber hatte keinen Hunger. Er merkte erst jetzt, wie verletzt er war. Eifersüchtig traf es wahrscheinlich besser. Er hatte keinerlei Anrecht auf Lisa, und mit wem sie ins Bett ging, war nicht seine Sache. Bisher hatte er bei den – zugegebenermaßen eher seltenen – Gelegenheiten, bei denen Lisa jemanden über Nacht mit nach Hause brachte, keine Probleme gehabt. Aber dass sie sich nun ausgerechnet mit Lepcke eingelassen hatte, erwischte ihn mehr, als er erwartet hatte.

Lisa erwähnte Lepcke mit keinem Wort, dafür gab sie ihm in kurzen Sätzen wieder, wie das Gespräch mit ihrem Vater verlaufen war. Warren hatte endgültig beschlossen, nie wieder eine Galerie zu betreten geschweige denn auch nur ein einziges seiner Bilder in einer Galerie auszustellen, auch würde er nicht mehr malen. Stattdessen plante er einen Neuanfang auf einem völlig anderen Gebiet, über das er aber nicht reden wollte. Oder jedenfalls nicht mit Lisa.

»Er hat gesagt, er würde sich bei Gelegenheit gerne mal mit dir unterhalten«, berichtete Lisa. »Aber es eilt nicht, wenn du Zeit hast, würde er sich freuen.«

»Heißt das, er will jetzt im Zirkuswagen bleiben?«

Lisa zuckte mit den Schultern.

»Die Wohnung in Berlin hat er noch, das habe ich zumindest rausgekriegt. Es scheint eher so zu sein, als wollte er Zeit zum Nachdenken haben. – Ich habe keine Ahnung, wie wir damit umgehen sollen. Immerhin ist er mein Vater, ich kann ihn schlecht vor die Tür setzen, oder?«

Sie stocherte einen Pilz aus dem Omelett und betrachtete ihn einen Moment, bevor sie ihn sich in den Mund schob.

»Solange er im Zirkuswagen bleibt, stört er nicht, also geben wir ihm die Zeit. Aber ich möchte nicht, dass er hier jeden Abend in der Küche rumhängt oder sich sonst irgendwie in mein Leben einmischst.«

»Hast du ihm das gesagt?«

»So in etwa, ja.«

»Und?«

»Er akzeptiert es. – Noch«, setzte sie hinzu. »Er hat auch angeboten, dass er morgens mit den Hunden rausgehen kann. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das wirklich will.«

»Ich rede mit ihm, okay?«

Lisa nickte. Dann blickte sie ihn fragend an.

»Und für dich wäre es …?«

»Im Moment gehen mir zu viele andere Sachen durch den Kopf, vielleicht warten wir einfach erstmal ab, wie sich das entwickelt. Aber doch, ja, von mir aus ist es in Ordnung. Du weißt, dass Mankells Wallander einen Vater hatte, der im Gartenhaus gemalt hat?«

»Warren malt nicht mehr, ich glaube, das ist ihm ernst«, sagte Lisa, ohne sich auf Taboris Versuch einzulassen, dem Ganzen eine heitere Note zu geben.

»Und was war mit Svenja?«, fragte sie jetzt.

Tabori informierte sie über die Neuigkeiten. »Und sie hält Warren für cool«, sagte er abschließend. »Er hat ihr einen Fünfziger zugesteckt.«

»Na wunderbar, dann wird sie sich ja jetzt öfter sehen lassen.«

»Ich hab noch was anderes, worüber wir kurz sprechen müssen«, setzte Tabori an.

»Wenn es um Markus geht, will ich es nicht wissen.«

Tabori brauchte einen Augenblick, bis er mit dem Vornamen etwas anfangen konnte. Lisa redete von Lepcke. Für Tabori war es ungewohnt, seinen ehemaligen Kollegen als »Markus« einzuordnen.



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