Kains Opfer - Roman by Nagel & Kimche AG

Kains Opfer - Roman by Nagel & Kimche AG

Autor:Nagel & Kimche AG [Nagel & AG, Kimche]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Nagel & Kimche AG
veröffentlicht: 2014-09-12T23:00:00+00:00


8

Auch wenn das Judentum kein Beichtgeheimnis kennt – Claudette hatte sich Klein als Seelsorger anvertraut, vielleicht auch als altem Freund, wenn er das war. Frau Bänziger würde er von seinem Gespräch mit Claudette jedenfalls nichts erzählen. Es gab ohnehin keinen konkreten Hinweis, dass sie mit Nachums Tod etwas zu tun hatte – mochte sie nun der Kommissarin aufgefallen sein oder nicht.

Aber er wälzte die Frage, ob er Frau Bänziger über seine neue Entdeckung bezüglich Bergers Vergangenheit informieren sollte. Wie würde sie reagieren? Vermutlich so: «Mein lieber Herr Rabbiner, wenn Sie Ihren Herrn Gut wiederhaben wollen, dann bringen Sie mir den, dem die anderen Fingerabdrücke gehören, oder bringen Sie mir zumindest ein Alibi für Herrn Gut, oder bringen Sie mir überhaupt irgendetwas mit Fleisch am Knochen. Wenn Sie glauben, dass Herr Gut keiner Fliege was zuleide tun kann, ist das schön für Sie. Aber wer gegenüber seiner Frau die Beherrschung verliert, kann sie ja wohl auch gegenüber deren Liebhaber verlieren, oder etwa nicht?»

Für diese Polizisten war das Ganze ein großes Puzzle aus Motiven, Indizien und Leuten, die zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort waren oder zumindest nicht am richtigen.

Nein, er würde nicht zu Frau Bänziger gehen. Es ging hier auch um Dinge, die sie gar nicht recht verstehen würde. Ein Scheidebrief ja oder nein, Druck von Rabbinern, heiraten, nicht heiraten – was konnte eine Karin Bänziger davon begreifen? Glaubte sie nicht womöglich, dass fromme Juden ebenfalls Ehrenmorde im Programm führten, wie es das Klischee über die Islamisten vorgab? War das nicht ein geheimer Grund dafür, dass sie Berger festhielten? Die Vorstellung, der eifersüchtige Gut habe Berger «kulturell bedingt» im Affekt oder vorsätzlich umgebracht? Nein, wenn er zu Frau Bänziger ginge, das nächste Mal, dann mit hieb- und stichfesten Beweisen. Und wenn es etwas zu klären gab, dann erst mal im israelischen Oberrabbinat zur Akte Berger. Und da, sagte er sich nicht ohne Selbstbewusstsein, hatte er ja wohl den einfacheren Zugang als Frau Bänziger von der Stadtpolizei.

Er rief beim Oberrabbinat in Jerusalem an. Rabbi Reichenberg, den kannte er, mit dem hatte er öfter zu tun, ein vernünftiger Mann, der immer nach pragmatischen Lösungen suchte, wenn es länderübergreifend etwas zu klären gab. Klein erläuterte sein Anliegen und versuchte so gut wie möglich zu begründen, warum er jetzt Namen und Adresse von Frau Berger brauchte.

Reichenberg hörte aufmerksam zu und notierte sich die Details. Im Prinzip, sagte er, genüge ein Totenschein aus Zürich, der auf Hebräisch übersetzt und Frau Berger zugestellt würde. Aber er könne verstehen und schätze es sehr, wenn unter den beschriebenen Umständen Klein selbst sich der Sache annehmen würde. Er melde sich wieder.

Obwohl er Reichenberg schätzte, stellte sich Klein auf eine lange Wartezeit ein. Die Mühlen des Oberrabbinats mahlten – weiß Gott! – langsam genug.

Er war beinahe fassungslos, als Reichenberg noch am selben Abend zurückrief. Man habe die Akte. Man habe Frau Berger absichtlich noch nicht kontaktiert, aber beim Bevölkerungsamt nachgefragt. Sie lebe noch, die Adresse sei bekannt. Wann Klein denn in Jerusalem sein könnte. Morgen Nachmittag? Er würde ihm dann die nötigen Unterlagen übergeben.



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