Jodeln und Juwelen by MacLeod Charlotte

Jodeln und Juwelen by MacLeod Charlotte

Autor:MacLeod, Charlotte [MacLeod, Charlotte]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Kapitel 15

»Du kennst diesen Mann?« rief Emma entgeistert.

»Ja.« Theonia hörte Schritte auf dem kleinen Kiesweg, der wahrscheinlich aus Gründen der besseren Drainage vor der Stalltür angelegt worden war. Sie warf Emma einen Blick zu, den man bei einer weniger stattlichen Dame als schelmisch bezeichnet hätte, und hob die Stimme um ein oder zwei Dezibel.

»An der Ohrenpartie kann man deutlich erkennen, dass er ein Pence ist. Du weißt doch, dass ich einen ausgesprochenen Blick für Familienähnlichkeit habe, und Ohren sind äußerst charakteristische Unterscheidungsmerkmale, findest du nicht? Ich bin ziemlich sicher, dass es sich um den Vetter dritten Grades handelt, von dem mir die liebe Adelaide erzählt hat.«

Theonias Bekanntschaft mit der lieben Adelaide beschränkte sich auf eine einzige Unterhaltung von ungefähr sechs Minuten Dauer, die vor mehreren Jahren bei einer von Emmas Gartenpartys stattgefunden hatte. Außerdem wäre die liebe Adelaide sicher die letzte Person, die mit einer ihr völlig Fremden über die Familie ihres Schwiegersohns tratschen würde, selbst wenn die Betreffende den Namen Kelling trug. Doch diese Nebensächlichkeiten taten nichts zur Sache. Bei der Person draußen vor dem Stall handelte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach entweder um Vincent oder um einen seiner Helfer, und jetzt war der ideale Zeitpunkt, um ihm bezüglich der Autopsie den Kopf zurecht zu rücken. Emma verstand genau, was Theonia sagen wollte, und war völlig ihrer Meinung.

»Wie scharfsinnig von dir, Theonia! Ich hatte Polydore Pence völlig vergessen. So ein begabter junger Mann, hat mir Adelaide erzählt. Bis er beim Tauchen auf diese Riesenmuschel gestoßen ist — wo war es noch gleich — in Osaka, nicht wahr? Jedenfalls soll er danach unter der Wahnvorstellung gelitten haben, er sei ein Seehund.«

»Ich glaube, es war ein Walross«, widersprach Theonia. Damen aus Boston legten großen Wert auf eine korrekte Wiedergabe der Tatsachen, selbst wenn sie gerade dabei waren, sie zu erfinden. »Walrosse haben diese Riesenschnurrbärte.«

»Aber keine Vollbärte«, insistierte Emma.

»Ich nehme an, der Bart sollte darüber hinwegtäuschen, dass er keine Stoßzähne hatte. Vielleicht hat Polydore auch nur vergessen, den Schnurrbart richtig zu schneiden, und irgendwann die Kontrolle über seinen Bartwuchs verloren. Er soll schrecklich vergesslich geworden sein, hat mir Adelaide erzählt.«

»Bis hin zu Anfällen völliger Amnesie«, warf Emma prompt ein. »Der Walrosswahn war sozusagen nur eine Teilzeitbeschäftigung. Er zog einen schwarzen Taucheranzug an, trieb sich an Stränden herum und schlug mit den Flossen gegen die Felsen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er je so weit gegangen ist, rohen Fisch zu essen.«

»Er hat praktisch nur von Sardinen gelebt«, sagte Theonia. »Und manchmal hat er sich sogar für einen Nöck gehalten. Wahrscheinlich wäre es den Pences lieber gewesen, wenn er sich auf die Walrossrolle beschränkt hätte. Er plantschte nur mit seinen Schwimmflossen bekleidet im Meer herum und suchte an den merkwürdigsten Stellen nach Schätzen. Leider war sich Polydore nicht bewusst, wie sein Adamskostüm auf andere wirkte. Er selbst war davon überzeugt, von der Taille abwärts Fischschuppen zu haben, weißt du. Aber man kann sich vorstellen, wie peinlich es war, wenn er gegen zwei Uhr morgens im Schlafzimmer einer Frau aufkreuzte. Das war eine seiner Angewohnheiten.



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