imperium by Unknown

imperium by Unknown

Autor:Unknown
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-01-19T00:00:00+00:00


Das war freilich schonend formuliert; anders wäre es zu jener Zeit wohl nicht gedruckt worden.

Mitra und ich stiegen die Treppe hinauf.

»Enlil hat ein besonderes Haus«, sagte Mitra. »Ein großer, mehrstöckiger Wohnbunker mit gläsernen Decken.«

»Wie kam er ausgerechnet auf so was?«

»Er sagt, Leute hinter der Wand machen ihn nervös. Mit Erde drumherum schlafe es sich besser ... Er ist eben ein Traditionalist.«

Wir hatten die Tür noch nicht erreicht, da ging sie auf. Vorbei an einem livrierten Lakaien - so einen sah ich zum ersten Mal im Leben - liefen wir durch einen Korridor, der, einen Bogen beschreibend, in einen kreisrunden Saal führte.

Dieser Saal war sehr schön. Viel Luft und Licht, das durch die transparenten Segmente der Decke auf den mit einem komplizierten geometrischen Muster versehenen Fliesenboden fiel. Die Einrichtung war klassisch gehalten: Gemälde und Gobelins an den Wänden, dazwischen Büsten antiker Kaiser und Philosophen - ich erkannte Sokrates und Caesar, Mark Aurel und Tiberius. Den abgeschlagenen Nasen nach zu urteilen, handelte es sich um Originale.

Ich wunderte mich über den eingebauten Kamin, der, obzwar von beeindruckenden Ausmaßen, augenscheinlich viel zu klein war, um diesen Riesenraum zu beheizen. Wenn es sich nicht um einen Fehler des Architekten handelte, dann wohl um eine modische Finesse: Vielleicht sollte es die Höllenpforte darstellen. Ein paar Sessel in Schonbezügen standen im Halbkreis um den Kamin. An der gegenüberliegenden Wand gab es ein kleines Podest. Und in der Mitte waren Tische zum kalten Büfett zusammengerückt.

Ich sah Enlil Maratowitsch, Baldur, Loki und Jehova; die übrigen kannte ich nicht. Besonders eindrucksvoll fand ich einen rothaarigen Hünen, der - eine düstere und resolute

Erscheinung - neben Enlil Maratowitsch stand. Für einen Vampir war er eigentlich nicht blass genug.

Baldur, Jehova und Loki nickten nur von ferne; Enlil Maratowitsch kam herüber, um mir die Hand zu drücken. Nach ihm hielt mir auch der rothaarige Koloss seine Pranke hin -meine Hand verschwand darin und wurde nicht gleich wieder freigegeben.

»Marduk«, stellte der Mann sich vor.

»Marduk Semjonowitsch«, präzisierte Enlil Maratowitsch und zog eine Braue bedeutungsvoll nach oben. Ich entnahm dieser Geste die Aufforderung, dem Rothaarigen mit nicht geringerer Ehrerbietung zu begegnen als ihm.

»Ach ja«, seufzte der Fremde, während er ausgiebig meine Hand schüttelte und mir dabei aufmerksam in die Augen sah, »was macht ihr nur mit uns, ihr jungen Leute ...«

»Was machen wir denn?«, fragte ich.

»Ihr stoßt uns ins Grab«, sagte der Mann bitter. »Die Ablösung ist da, wir haben das Feld zu räumen ...«

»Mach halblang, Marduk!«, lachte Enlil Maratowitsch. »Bis zum Grab hast du noch eine Menge zu schlürfen. Was soll ich dazu sagen! Mich betrifft es konkret. Ich verstehe jetzt schon kaum mehr die Hälfte der Wörter, die die Jugend im Munde führt.«

Der rothaarige Koloss ließ endlich meine Hand los.

»Dich wird nie und nimmer einer ins Grab stoßen, Enlil«, stellte er fest. »Weil du nämlich schon zu Lebzeiten dort eingefahren bist, ha-ha. Und wir alle sind dort zu Gast heute. Klug vorgebaut, mein Freund. Was ist, fangen wir an?«

Enlil Maratowitsch nickte.

»Dann lass ich jetzt mal die Chaldäer rein«, sagte Marduk Semjonowitsch. »Ihr habt fünf Minuten, euch zu rüsten.



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