Hinter dem Schleier: Eine australische Krankenschwester in Saudi Arabien (German Edition) by Lydia Laube

Autor:Lydia Laube [Laube, Lydia]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Hinter dem Schleier
ISBN: 9783931989781
Herausgeber: Drachenmond Verlag
veröffentlicht: 2015-01-21T05:00:00+00:00

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Ich werde Sid Vicious

Als ich am nächsten Morgen um sechs Uhr aufstehen musste, war ich noch immer furchtbar müde. Ich brauchte hier mehr Schlaf als zu Hause, das verdankte ich den langen Arbeitszeiten, der Sechs-Tage-Woche und der großen Hitze. Manchmal dachte ich, ich würde so viel schlafen, um der Realität zu entkommen. Ich konnte am Nachmittag schlafen und nach der Arbeit, und wenn ich dienstfrei hatte, schlief ich regelmäßig zehn Stunden lang.

Zu meiner großen Freude erhielt ich an diesem Tag einen Brief von meiner Familie zu Hause. Ich hatten ihnen sarkastische Botschaften gesendet und nachgefragt, ob sie an Lähmungserscheinungen der Arme litten. Zudem bedrohte ich sie mit Enterbung, indem ich alle in meinem Leben erworbenen Schätze der Katzenpension vermachen würde. Aber mein erster Brief war sehr lange unterwegs gewesen und ebenso der Antwortbrief meiner Mutter.

Er war wie ein Bericht von einem anderen Stern. Meine Mutter schrieb, dass sie einen Tag im Strandhaus von Verwandten verbracht hätte, dass sie große Krabben gefangen, gekocht und im Sand sitzend gegessen hätten. Ich bekam schreckliches Heimweh, so weit entfernt von diesen einfachen Vergnügungen. Ich war voller Sehnsucht und Verlangen, dort zu sein.

Um mich abzulenken, warf ich direkt nach Dienstschluss eine Ladung Wäsche in meine wundervolle Waschmaschine. Für eine Ladung Wäsche brauchte sie zwei Stunden, sicherlich war da etwas nicht in Ordnung mit ihr. Dann saß ich begeistert auf dem Badewannenrand und beobachtete durch das kleine Fensterchen, wie sich die Wäsche drehte und drehte, bis mir plötzlich klar wurde, dass meine Ansprüche auf Vergnügungen schon derart eingeschränkt waren, dass ich mich vom Sauberwerden der Wäsche unterhalten ließ. Ich beschloss, einen Fernsehapparat zu kaufen, egal wie teuer er sein mochte. (Nachdem ich einen hatte, bemerkte ich keinen großen Unterschied im Unterhaltungswert zwischen dem Programm meiner Waschmaschine und dem lokalen Fernsehen.)

Ein aufregendes Ereignis der nächsten Tage war die Ankunft von neuen Möbeln für die Wohnungen in der Anlage. Das MOH hatte sie aus einem europäischen Versandhauskatalog ausgesucht und bestellt. Sie waren zerlegt, und die Einzelteile steckten in riesigen Kisten, die berghoch rund um das Erholungszentrum aufgetürmt waren. Man sollte annehmen, dass die Möbel allen zugeteilt würden, je nach Größe der Wohnung, aber da es nicht genug davon gab, gingen sie an die, von denen die Autoritäten glaubten, sie müssten sie bekommen. Ich füllte ein Formular aus und hatte damit Anspruch auf drei Esszimmerstühle, einen Tisch, einen Couchtisch, einen Fernsehschrank und ein Bett mit Nachttisch. Ich brachte mein Formular direkt zu meinem potentiellen Freund, dem Leiter der Hausverwaltung, und ich weiß nicht, ob das der Grund war oder nicht, jedenfalls war ich die einzige der Gesellschaft, die überhaupt etwas bekam.

Um vier Uhr desselben Tages bekam ich einen Anruf, dass meine Möbel in einer halben Stunde geliefert würden, dass einige Arbeiter kämen, um sie in meiner Wohnung zusammenzusetzen, und dass das Ganze ungefähr eine Stunde dauern würde. Ich ging in meine Wohnung und wartete auf sie. Um fünf Uhr kam der nächste Anruf, ob ich bereit sei. Ich sagte ja. (Ich hatte ja erst eine Stunde gewartet.) Sie kamen um halb sechs, zusammen mit zwei fröhlichen Sudanesen.

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