Heller Brand im Appenzellerland - Kriminalroman by emons Verlag

Heller Brand im Appenzellerland - Kriminalroman by emons Verlag

Autor:emons Verlag
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783863583910
Herausgeber: emons Verlag
veröffentlicht: 2014-10-21T00:00:00+00:00


Zugriff

Donnerstag, 8. August

Viscaceae hiess das Zauberwort, das uns den Zugriff zu den mit einem Passwort geschützten Daten auf der geretteten Harddisk von Ferdinand von Muotathal ermöglichte. Viscaceae ist die lateinische Bezeichnung für die Familie der Mistelgewächse. Adelina hatte erstaunlich wenig Zeit gebraucht, um das passende Passwort zu finden, was, wie sie mir mit einem Unterton von Triumph erklärte, an der von ihr verwendeten Suchmethode lag. Normale Programme, wie sie auch die Polizei verwenden dürfte, gehen mit dem breiten Schleppnetz vor und produzieren einfach so lange Unmengen von Vorschlägen, bis einer passt. Das kann dauern. Im von Adelina verwendeten Programm dagegen werden die Suchfelder zunächst eingeengt. Man gibt Stichwörter oder Themen ein, die mit der Person des Passwortgebers etwas zu tun haben könnten, und das Programm macht dazu Variationsvorschläge, zum Beispiel, indem es das Stichwort in andere Sprachen übersetzt.

Adelina hatte neben etlichen anderen auch die Stichworte «Mistel» und «katholisch» eingegeben, was das Programm offenbar dazu animiert hatte, die lateinischen Versionen von Mistel auszuprobieren. Mit Erfolg, wie sich gezeigt hatte. Wir waren drin und hatten Zugriff auf die Daten, womit wir hoffen konnten, ein Motiv für den Anschlag auf Fredy zu finden. Oder gar Hinweise auf den Täter.

Wie ich aus unserem letzten Gespräch wusste, war Karl an diesem Tag an einer polizeilichen Weiterbildung, die er nicht verpassen durfte. Er würde erst am Abend zurückkehren. Jetzt war später Vormittag, wir hatten also Zeit genug, einen ersten Augenschein zu nehmen und erst dann den zuständigen Stellen mitzuteilen, dass der Datenzugriff jetzt möglich war. Diese Gelegenheit, bei unseren Ermittlungen einen zeitlichen Vorsprung auf die Konkurrenz von der Polizei herauszuholen, konnten wir uns nicht entgehen lassen.

Der erste Blick auf den Bildschirm eines fremden Computers erlaubt tiefe Einblicke in die Persönlichkeitsstruktur des Besitzers und Nutzers. Zwischen einer peinlichen Ordnung der vorhandenen Programme und Ordner und deren völlig chaotischer Anordnung gibt es das ganze Spektrum. Das Bild der Daten von Fredy, das wir jetzt vor uns sahen, musste eine exakte Spiegelung der Bildschirmordnung sein, die dieser auf seinem verschmorten Computer gesehen hatte.

Adelina bezeichnete diese Ordnung als eigenwillig. Sie liess auf den ersten Blick erkennen, dass da ein ausgesprochener Einzelgänger gearbeitet hatte. Fredy musste oder wollte seine Daten offenbar mit niemandem teilen. Das gesamte Ordnungssystem musste ausschliesslich zu ihm passen. Entsprechend wild waren die Ordner auf dem Bildschirm verteilt. Ich kannte das aus eigener Erfahrung. Für Aussenstehende mag eine solche Ordnung chaotisch wirken, für den dagegen, der sie erfunden hat, ist es die einzig mögliche. Wenn auch niemand sonst in einem solchen Chaos etwas finden würde – der Betroffene selbst findet alles, was er sucht, auf Anhieb.

Adelina tat etwas, was sich, wie sie erklärte, immer lohnt: Sie öffnete als Erstes den Papierkorb. Der war leer, und zwar total leer. Mit ein paar Klicks stellte sie fest, dass schon jahrelang nichts mehr gelöscht worden war. Fredy schien zu jenen Menschen zu gehören, die nichts wegwerfen können, jedenfalls nichts, was sich so leicht speichern und aufbewahren lässt wie Daten. Adelina verschaffte sich einen Überblick über die gespeicherten E-Mails. Tatsächlich gab es Tausende davon, alle auf einem Haufen, ohne Trennung nach Sachgebieten in verschiedene Ordner.



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