Hayek Für Jedermann by Karen Ilse Horn

Autor:Karen Ilse Horn
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: fazbuch
veröffentlicht: 2015-08-31T00:00:00+00:00

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WERT DER FREIHEIT UND LIBERALE ORDNUNG: DIE VERFASSUNG DER FREIHEIT (1960)

„Das Argument für die Freiheit gründet sich auf

die Erkenntnis unserer Unwissenheit

Im Jahr 1930 dichtete Erich Kästner: „Und immer wieder schickt ihr mir Briefe / in denen ihr, dick unterstrichen, schreibt: / „Herr Kästner, wo bleibt das Positive?“ / Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt.“ Es braute sich damals etwas zusammen, politisch und gesellschaftlich. Auch Hayek hatte dies nur allzu deutlich gespürt. Es war ein günstiges Zusammentreffen, dass er 1931 an die London School of Economics gerufen wurde. Vor diesem Hintergrund wandte der Ökonom, der in der neuen Heimat trotz anfänglicher Triumphe ein Außenseiter blieb, sowohl aufgrund seiner österreichischen Herkunft als auch seiner – nicht keynesianischen – Ideen, sein Interesse zunehmend Fragen der gesellschaftlichen Ordnung zu. Er entwickelte sich außerdem zu einem der schärfsten Kritiker aller den Markt aushebelnden Tendenzen, die am Ende in irgendeine Form des Totalitarismus münden müssten. Der Bestseller „Der Weg zur Knechtschaft“ von 1944, in dem Hayek warnte, dass sich auch Großbritannien auf einen gefährlichen Weg begebe, machte ihn schlagartig berühmt.

Doch wo blieb das Positive? Der Umkehrschluss reichte nicht aus. Es war eines, zu wissen, was es zu vermeiden gilt; ein anderes, zu erkennen, was genau die unabdingbaren Voraussetzungen, die Grundpfeiler einer freiheitlichen Gesellschaft sind, die es aufzubauen oder zu hüten gilt. Es mangelte an einem positiven Programm, einer positiven Bestimmung des Wertes der Freiheit und einer konkreten ordnungspolitischen Handreichung dazu, wie sie auf Dauer zu sichern ist. Es fehlte eine positive Beschreibung des Freiheitsideals, auf dem die westliche Zivilisation fußt. Wer sich heute in der Öffentlichkeit für die Freiheit einsetzt, der kennt meistens das Problem nur zu gut, dass ihm von allen Seiten Bedenkenträgerei und Prinzipienreiterei vorgeworfen und dass ihm die Skepsis gegenüber politischen Eingriffen als destruktive Miesepeterei ausgelegt wird. In der Tat ist es einfacher, Freiheitsgefährdungen zu erkennen und gegen sie Alarm zu schlagen, als praktische Handlungsanleitungen zu entwerfen – doch nur diese sind am Ende der Realitätstest und vor allem das ausschlaggebende Akzeptanzkriterium einer jeden politischen Philosophie.

Diesem intellektuellen Projekt widmet sich Hayek nun in den Fünfziger Jahren an der University of Chicago. Dort hat er sich ganz der Sozialphilosophie verschrieben und arbeitet an seiner „Verfassung der Freiheit“, die dann 1960 zuerst in englischer Sprache unter dem Titel „The Constitution of Liberty“ erscheint. Erst im Jahr 1971, als Hayek schon in Salzburg lehrt, kommt endlich auch eine deutsche Übersetzung heraus. Bei der Arbeit an dem Buch ist Hayek weiterhin von der Sorge getragen, dass die Errungenschaften der westlichen Zivilisation verspielt werden könnten – weil die Menschen sich an die Freiheit gewöhnt haben und deren Wert nicht mehr hinreichend schätzen; weil der moderne Machbarkeitsglaube die Menschen vergessen lässt, wie wichtig offene gesellschaftliche Prozesse sind; weil die Seuche des Rationalismus dazu geführt hat, dass die Fähigkeiten der Vernunft regelmäßig überschätzt werden. Hayek schlägt deshalb alarmistische Töne an: „Wir sind nicht weit davon entfernt, dass die bewusst organisierten Kräfte der Gesellschaft jene spontanen Kräfte zerstören könnten, die den Fortschritt möglich machen.“

„Die Verfassung der Freiheit“ bildet gleichsam die Summe von Hayeks ordnungstheoretischem Denken aus drei Jahrzehnten.

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