Hackenholt - 02 - Das letzte Laecheln by Stefanie Mohr
Autor:Stefanie Mohr [Mohr, Stefanie]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-12-14T05:00:00+00:00
Donnerstag
Fercen Törün schreckte auf. Es war halb drei, und sie hatte kaum eine Stunde geschlafen. Im Zimmer nebenan lag ihr zwei Monate alter Sohn schreiend in seinem Bettchen. Wie schon die ganze Nacht litt er auch jetzt wieder an Blähungen. Völlig übermüdet stand sie auf und ging hinüber, ohne Licht zu machen. Mitsamt seiner winzigen Bettdecke hob sie den Säugling aus der Wiege und drückte ihn an ihre Schulter, was ihn jedoch nur für einen kurzen Moment beruhigte. Sanft schaukelnd trug sie ihn durch die Wohnung. Da ihr Mann Nachtdienst hatte, konnte sie ungehindert im Wohn- und Schlafzimmer umherwandern. Sie summte eine leise Melodie vor sich hin, murmelte ab und zu ein paar tröstende Worte und streichelte dem Kleinen beruhigend den Rücken.
Als er nach einer halben Stunde noch immer weinte, ging sie in die Küche, um ein Fläschchen Fencheltee zuzubereiten. Nachdem sie den Flaschenwärmer eingeschaltet hatte, trat sie ans Fenster und sah hinaus. Vor ihr erstreckte sich der Innenhof des Nachbargebäudes: ein riesiger Wohnblock, der von der Schweppermannstraße sogar noch ums Eck in die Pilotystraße reichte. Da im Erdgeschoss des Neubaus ein prima-Discounter, ein Waschsalon, eine Drogerie und ein Bäcker untergebracht waren, galt im gesamten Hof Parkverbot. Er war die Lieferzone der Geschäfte. Der Blick aus Fercen Törüns Küchenfenster bot nie einen sonderlich schönen Anblick: Entweder schaute man auf Lastwagen oder auf ein Sammelsurium alter Holzpaletten, leerer Kartonagen und anderen Gerümpels, das gestapelt neben dem Ladetor des Supermarktes stand. Nun aber loderte dort ein Feuer. Lange Flammen züngelten an der Fassade empor.
Feuer! Sobald ihr Gehirn die Bedeutung dessen, was sie sah, erfasst hatte, erwachte Fercen aus ihrer Erstarrung. Ungeachtet des nach wie vor schreienden Säuglings rannte sie ins Wohnzimmer und wählte 112.
***
Die morgendliche Besprechung der Ermittlungsgruppe begann gedrückt. Nur Hackenholt war guter Stimmung, obwohl er die Nacht auf dem Sofa hatte verbringen müssen. Sophie hatte darauf bestanden. Wenn er neben ihr schliefe, würde sie ihn mit ihrem Geschniefe ständig aufwecken. Aber allein die Aussicht, bald mit ihr in einer gemeinsamen Wohnung zu leben, machte ihn glücklich.
Wünnenberg schilderte den Kollegen die Ergebnisse von Ludwig Korks Vernehmung, welche Gegebenheiten den Journalisten nachweislich entlasteten und wer nach Korks Meinung Annika Dorns Mörder sei.
»Allmächd! Des glingd fej komisch, wenn de drodz saaner Schiss kanne konggredn Fagdn breisgem mooch«, stellte Saskia Baumann fest.
Wünnenberg grinste die Kollegin breit an, enthielt sich diesmal jedoch eines Kommentars hinsichtlich ihres Dialekts.
Auch der altgediente Kollege Stellfeldt verzog das Gesicht – er dachte allerdings an die etwaig existierende Fleischmafia. »Das erscheint mir wirklich alles sehr abwegig«, erklärte er dann, während er gedankenverloren seine Glatze polierte. »Ich kenne keinen Konzern in Nürnberg, der ein Monopol auf Fleischlieferungen hätte. Die Firmen sind meines Wissens nach viel zu klein. Aber gut, darin bin ich nicht mehr sonderlich bewandert. In den letzten Jahren kann sich natürlich so einiges geändert haben. Du solltest dich mal mit einem Kollegen von der Lebensmittelkontrolle unterhalten«, schlug er Hackenholt vor.
Der nickte. »Ich habe Herrn Kork für heute Vormittag nochmals zu einem Gespräch vorgeladen. Er weiß mehr über die Sache, als er bislang zugeben wollte.
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