Haarspitzen by Klaus Brabänder

Haarspitzen by Klaus Brabänder

Autor:Klaus Brabänder
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Brabänder, ermittlungen, griechenland, haar, haarspitzen, Krimi, mord, psychose, spannung
Herausgeber: edition oberkassel
veröffentlicht: 2013-02-26T05:00:00+00:00


Kapitel 20

Die Anfahrt nach Mainz mit der Bahn über die Naheroute ist nicht die schnellste Strecke, aber sie hat den Vorteil, dass Reisende aus Saarbrücken nicht umsteigen müssen. Dafür macht der Zug an jedem kleinen Bahnhof halt. Vor Idar-Oberstein hat es wegen Gleisbauarbeiten einen kurzen Aufenthalt gegeben. Dass sich dadurch die geplante Reisezeit von etwa zwei Stunden um ein paar Minuten verlängert, ist nicht tragisch.

Der frühe Zug um vier Uhr sechsundvierzig war richtig gewählt, damit ich frühmorgens mein Ziel erreiche. Früh genug, um das Objekt abzufangen, bevor es zur Arbeit geht. Falls es überhaupt zur Arbeit geht, denn das ist eine Informationslücke, die ich bisher nicht schließen konnte.

Mainz kenne ich, weil ich während des Studiums und meiner Zeit mit Paul oft hier war.

Zum vierten Mal bin ich zu einem Objekt unterwegs. Dieses Mal habe ich sicherheitshalber von einem öffentlichen Fernsprecher bereits Informationen zur Zielperson eingeholt.

Yvonne Balke lebt nicht alleine, das ist eine wichtige Erkenntnis.

Gut vorbereitet trete ich kurz nach sieben Uhr aus dem Hauptbahnhof. Ein Taxi bringt mich zum Bismarckplatz. Von dort aus ist es nicht weit bis zur Mozartstraße, aber weit genug entfernt, um vor dem Taxifahrer zu verbergen, was mein tatsächliches Ziel ist.

Eine blonde Perücke mit Pferdeschwanz für die erste Kontaktaufnahme passt zu mir, eine Frisur, wie sie bei Tausenden Frauen üblich ist. Mein Outfit mit beigefarbenem Wollrock, Strickpullover und schlichten Sandalen soll den Eindruck erwecken, als käme ich aus der ländlichen Umgebung des rheinhessischen Hinterlandes in die Stadt, um Besorgungen zu erledigen.

In einem kleinen Rucksack ist alles verstaut, was ich für den ersten Tag benötige. Eine Kleinigkeit zum Essen, eine Flasche Mineralwasser, Medikamente, Geld und Papiere, den Stadtplan sowie die notwendigen Utensilien. Sicherheitshalber habe ich den Elektroschocker diesmal von Anfang an dabei. Allerdings ist der Einsatz der Geräte frühestens für den morgigen Samstag geplant, spätestens Sonntag soll die Aktion abgeschlossen sein.

Kleider zum Wechseln, die Aba, der Schleier, Toilettenartikel und andere Reiseutensilien sind in einem Schließfach deponiert. Ein Hotel in Bahnhofsnähe werde ich am Nachmittag suchen und dann die Aktion endgültig bis ins Detail vorbereiten. Zunächst Kontakt zu dem Objekt aufnehmen, beobachten, was es tagsüber zu tun pflegt, Vorlieben und Gepflogenheiten studieren und die Aktion strukturieren.

Mozartstraße Nummer fünf ist ein hässlicher Wohnblock inmitten einer Siedlung mit mehreren Gebäuden gleichen Stils aus den sechziger Jahren. Wer hier wohnt, gehört nicht zu den Wohlhabenden, oder er betrachtet das Quartier nur als Übergangsstation.

Ein Blick auf das Klingelbrett genügt. Es ist die richtige Adresse. Balke/Kuntz steht auf dem mittleren Schild in der Reihe der zweiten Etage. Es ist kurz vor acht. Hoffentlich erkenne ich die Zielperson rechtzeitig, wenn sie das Haus verlässt.

Ob sie es überhaupt verlassen wird, bin ich mir mittlerweile nicht mehr so sicher. Es scheint fraglich, dass alle Bewohner und Nachbarn einer regelmäßigen Arbeit nachgehen. Bei dem Gedanken, dass das Objekt möglicherweise im Mutterschutz, krank, arbeitslos ist oder aus anderen Gründen zuhause bleibt, macht sich bei mir Panik breit. Erst nach einer Weile beruhige ich mich und beschließe, bis halb neun zu warten. Wenn sich bis dahin nichts tut, muss ich klingeln und mich als Versicherungsvertreterin ausgeben.



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