Goethe Maenner Knaben by W Daniel Wilson & Goethe Männer Knaben
Autor:W Daniel Wilson & Goethe Männer Knaben [Wilson, W Daniel]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Insel Verlag
veröffentlicht: 2013-11-29T16:00:00+00:00
als er sich heraushob, sich aufrichtete im höheren Sonnenschein sich abzutrocknen, glaubt’ ich meine Augen von einer dreifachen Sonne geblendet, so schön war die menschliche Gestalt von der ich nie einen Begriff gehabt. Er schien mich mit gleicher Aufmerksamkeit zu betrachten. Schnell angekleidet standen wir uns noch immer unverhüllt gegeneinander, unsere Gemüter zogen sich an und unter den feurigsten Küssen schwuren wir eine ewige Freundschaft. (S. 501 f.)
Die Adolph-Episode belegt eindrücklich Goethes zunehmendes Selbstbewusstsein in der öffentlichen Darstellung der gleichgeschlechtlichen Liebe. 1805 hatte er noch einen Brief Winckelmanns wegen einer nächtlichen Schwimmstunde mit einem geliebten Freund unterdrückt (Kap. 4). Jetzt dagegen durfte dasselbe normbrechende Badevergnügen im Tageslicht prangen und ein Hauptwerk zieren.
Am selben Tag jedoch fühlt sich Wilhelm auch von einem jungen Mädchen angezogen. »Unerwartet, in demselbigen Augenblick, ergriff mich das Vorgefühl von Freundschaft und Liebe« (S. 503), fasst er den ereignisreichen Tag zusammen. Diese Stelle scheint dem früheren Eindruck zu widersprechen, da er »Freundschaft« anscheinend für Adolph empfindet, »Liebe« dagegen für die junge Frau – zumal Wilhelm gleich im nächsten Satz sagt, er könne kaum erwarten, Adolph von diesen ›heterosexuellen‹ Gefühlen zu erzählen. Jahre früher hatte Goethe allerdings im Falle Winckelmanns die euphemistische mann-männliche »Freundschaft« unmissverständlich sexuell gedeutet. So weit muss man jedoch gar nicht ausgreifen. Denn auch innerhalb des Romans entzündet sich die Zuneigung der beiden Knaben füreinander an der Schönheit ihrer nackten männlichen Körper, ist also offensichtlich erotisch; Wilhelms Gefühle für das bezeichnenderweise namenlos bleibende Mädchen scheinen dagegen weniger heiß. Seine »unmäßige Forderung vertraulicher Zuneigung« an Adolph erklärt er durch sein »unwiderstehlich Bedürfnis meinen Geist von dem Bilde jener Blondine durch Plaudern zu befreien, mein Herz von den Gefühlen zu erlösen, die sie in mir aufgeregt hatte« (S. 503 f.). Das heißt, Wilhelm empfindet seine Gefühle für das Mädchen als Verrat an Adolph. Da er sie loswerden will, beschäftigt ihn seine Beziehung zu Adolph zweifelsohne wesentlich mehr.
Bevor Wilhelm ihn findet, ertrinkt Adolph jedoch bei einem Badeunfall. Wilhelm ist außer sich. Verzweifelt versucht er, die Leiche wiederzubeleben. Seine Panik verrät, dass er sich irgendwie für Adolphs Tod verantwortlich fühlt.20 All das bedeutet, dass Goethe die Zuneigung zum Knaben unmittelbar mit der Zuneigung zum Mädchen konkurrieren lässt. Das ist jedoch nicht die einzige bemerkenswerte Parallele zu Hylas’ Untergang in Philostrats Gemälde. Zwei Stellen seien einander gegenübergestellt, die erste aus »Hercules und Hylas«, die zweite aus Wilhelm Meisters Wanderjahre:
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