Geld, Gier und Tod by Eve Best

Autor:Eve Best [Best, Eve]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: edition fischer
veröffentlicht: 2015-05-15T16:00:00+00:00

Für Marbach war der Tod von Wolff weder Überraschung noch Drama. Sie hatte in den vergangenen Nächten in Weil erstmals seit Langem wieder gut geschlafen. Sie war nun zwar für eine Befragung durch die Polizei aufgeboten worden, aber letztendlich war sie freiwillig hier. Sie war neugierig, was die Kommissarin von ihr wissen wollte. Eva Severin hätte noch ein paar Fragen, hatte die Sachbearbeiterin im Kommissariat gesagt. Nichts Näheres.

Bereits als Marbach ins Büro trat, sah Severin, dass die Frau aus gleichem Holz geschnitzt war, wie sie selbst. Schon allein die Kleidung war Severin vertraut. Jeans, elegante Wohlfühl-Schuhe, eine fein blau-weiss gestreifte Bluse mit einer weiblich gerafften Brustpartie und ein klassischer Allzweck–Blazer, in matt glänzendem Beige. Über die Schulter gehängt eine voluminöse Ledertasche für Laptop, Bücher, Mobiltelefon mit Fotofunktion, Schreibblock, Schreibzeug und etwas Kosmetika. Kugelschreiberspuren an der reichlich abgewetzten Aussenseite der Ledertasche und die sichtbare Rückseite eines Spiralblockes in einem Aussenfach. Marbachs Miene war aufmerksam. Die schmale, elegante Nase, der feine Mund und die grossen grüngrauen Augen, wirkten leicht angespannt. Den Knoten in Marbachs Magen nahm Severin instinktiv war.

Severin dankte fürs Kommen und beschied der Journalistin, dass sie sie mit einer ganz bestimmten Frage konfrontieren wollte, die sich ihr im Fall Wolff mehrmals aufgedrängt hatte. Die andere horchte interessiert auf. Aber Severin liess sich noch einen Moment nicht in die Karten schauen. »Rollen Sie bitte kurz Ihre Biographie auf, damit ich weiss, wem ich gegenüber sitze«, forderte Severin Marbach auf und nahm befriedigt zur Kenntnis, dass die Journalistin einen Moment irritiert war. ›Was hat meine Biographie mit dem Mord an Wolff zu tun?‹, mochte sie wohl denken. ›Steht doch alles auf meiner Homepage.‹

»Ich versuche meine Biographie zu komprimieren«, beschied Marbach schliesslich. »Berufslaufbahn durch Print- und TV-Medien. Zwischendurch drei Jahre Internationales Rotes Kreuz in einem afrikanischen Kriegsgebiet. Später Programmleiterin beim Radio und schliesslich selbständige Kommunikations- und Politberatung. Politisches Engagement auf Gemeinde- und Kantonsebene.«

›Dummer Wolff, dieses Rotkäppchen hättest du nie gefressen‹, dachte Severin. Dass Wolff solche Frauen instinktiv ablehnte, erklärte sich von selbst. ›Warum aber waren Marbach und andere erfolgreiche Frauen, in der vergifteten Wohnsituation in Weil kleben geblieben?‹

Severin fragte Marbach direkt nach dem Grund.

»Ist das die Frage, weshalb sie mich herbestellt haben?«, wollte Marbach wissen.

»Ja. Erklären Sie mir, warum Sie sich von einem Typen wie Wolff geängstigt haben? Sie sind doch weit bedrohlichere Situation gewohnt.«

»Also ›gewohnt‹ bin ich das nicht, auch wenn ich vereinzelt unter lebensbedrohlicher Gefahr gearbeitet habe.«

Severin wartete ab, da es Marbach offensichtlich schwer fiel, ihre Befindlichkeit in Worte zu fassen. Marbach knetete ihre Hände und blickte konzentriert auf den edel gefassten Jaspis-Ring, den sie am rechten Mittelfinger trug.

»Wenn man sich, aus welchem Grund auch immer, in eine Gefahrenzone begibt«, sagte Marbach schliesslich vage, »weiss man, dass man darin umkommen könnte. Wenn man hingegen in eine Wohlfühlzone eintritt, wie das die eigene Wohnung und deren Umfeld sein sollte, dann will man nicht ständig alarmiert sein und sich im Dunkeln vorsehen müssen. Man will loslassen können, entspannen. Und jetzt ersparen Sie mir bitte weitere Analysen, ich bin mir nämlich selber nicht im Klaren darüber, was da alles abgelaufen ist.

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