Familienpakt by Jan Beinßen

Familienpakt by Jan Beinßen

Autor:Jan Beinßen
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Gmeiner-verlag
veröffentlicht: 2012-06-04T00:00:00+00:00


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Welche Rolle spielte das Nürnberger Gefängnis im Fall Wollschläger? Diese Frage beschäftigte Keller immer wieder und wuchs dabei in ihrer Bedeutung von Mal zu Mal weiter an. Was wusste er eigentlich über den Knast, in den er schon so viele kleine und große Ganoven gebracht hatte? Keller rief sich ins Gedächtnis, was ihm wichtig erschien:

Die Anfänge machte der sogenannte Sternbau, der nach einer Bauzeit von drei Jahren 1868 eröffnet wurde. Von den ursprünglich fünf Flügeln standen heute allerdings nur noch zwei, und auch diese waren mittlerweile stillgelegt. Ein Flügel behielt jedoch seine Einrichtung und konnte im Notfall wieder in Betrieb genommen werden, zum Beispiel bei Massenfestnahmen nach Ausschreitungen bei Fußballspielen oder Demos. Da der Platz schon um die Jahrhundertwende knapp geworden war, wurde 1900 mit dem Bau der U-Haft begonnen – dem Gebäudeteil, in dem Wollschläger einsaß. Dieser Trakt wurde 1972 noch einmal immens erweitert und verfügte seitdem über Zellen für fast 1.200 Gefangene. Die Nürnberger JVA galt somit als zweitgrößtes Gefängnis Bayerns.

Was wusste Keller noch? Die Vollzugsanstalt gliederte sich in U-Haft, Strafhaft sowie Frauengefängnis mit Jugendarrest. Eine Besonderheit in Nürnberg war die Nähe zum Gericht: Von der U-Haft aus bestand sogar ein Tunnel, der bis in den Schwurgerichtssaal führte. Ob sich Wollenschläger dieses Tunnelsystem zunutze gemacht hatte, um heimliche Ausflüge aus seiner Zelle zu unternehmen?

Aber wie sollte er das bewerkstelligt haben? Denn immerhin sorgten rund 300 uniformierte Bedienstete für Recht und Ordnung hinter der Gefängnismauer. Dazu kamen Werkdienstkollegen, Verwaltungsdienstler, Krankenpfleger sowie Mitarbeiter der Fachdienste. Es erschien Keller als unmöglich, unter den wachsamen Augen so vieler Menschen einfach zu verschwinden.

Nein, nein, dachte Keller. Wenn er dieser Spur ernsthaft folgen wollte, musste er einen Fachmann zu Rate ziehen. Einen, der den Knast kannte wie sein eigenes Zuhause.



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