Eiskalter Plan by Astrid Korten

Eiskalter Plan by Astrid Korten

Autor:Astrid Korten [Astrid Korten]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: CW Niemeyer Buchverlage GmbH
veröffentlicht: 2015-04-13T16:00:00+00:00


18

* * *

Greta schenkt mir ihr Vertrauen

„Ich bin nicht böse. Warum sollte ich?“

Greta zieht sich in der Regel zum Abendessen eine halbe Stunde vorher um. Tom hat versprochen, gegen sieben Uhr zu Hause zu sein, aber sie hat das Szenario längst klar vor Augen. Dabei sitzt sie um Viertel vor sieben auf der Couch, eine Zeitung auf dem Schoß, auf die sie sich nicht konzentrieren kann. Sie will die Wartezeit so angenehm wie möglich verbringen, aber das gelingt ihr nie. Tom verspätet sich um mindestens eine Stunde und ist sich dessen nicht einmal bewusst.

Folglich behält Greta ihre Jeans und die Wollweste an.

Sie geht im Wohnzimmer in den selbst gestrickten Socken ihrer verstorbenen Großmutter auf und ab. Nicht, dass sie sich dabei wohlfühlt. Sie behält die Uhr des DVD-Rekorders im Auge, zählt die gnadenlos davonschreitenden Minuten und macht sich, wie so oft, Vorwürfe, dass sie fortwährend pünktlich ist. Früher ist sie das zuverlässigste Mädchen in der Klasse gewesen. Jetzt will sie eine Freundin anrufen und sich mit ihr besinnungslos betrinken, ohne Tom eine Nachricht zu hinterlassen.

Es ist Toms Idee, heute Abend essen zu gehen. Greta glaubt, dass er sie mit einem Abendessen in einem Gourmetrestaurant überraschen will. Er tut es ihr zuliebe, sagt Greta mir, ihm reicht auch die Kneipe nebenan, die neuerdings für kleines Geld eine gutbürgerliche Küche bietet. Ums Essen wird dort nicht viel Aufhebens gemacht. Greta nennt es: Beschönigung für einfallsloses Essen in deprimierender Atmosphäre.

Um zwanzig nach sieben geht Greta ins Schlafzimmer. Sie zieht ihr Lieblingskleid an und glaubt, es sei kindisch, in ihrem Alter so zu denken. Sie wühlt in der Kommode nach einer Strumpfhose ohne Laufmasche. Die Aktion dauert sieben Minuten. Sie steckt ihre Füße in rote High Heels, zieht sie wieder aus und entscheidet sich für bequeme graue Wildlederpumps. Vor dem Spiegel nimmt sie das Gummibändchen aus ihrem Zopf und kämmt ihr Haar. Weitere drei Minuten sind vergangen. Sie tuscht ihre langen Wimpern, die prompt verkleben. Irritiert sieht sie in den Spiegel. Greta kommt sich vor wie eine Gruselpuppe aus einem amerikanischen Horrorstreifen und entfernt das Augen-Make-up. Wieder fünf Minuten zerschlagen – insgesamt fünfzehn Minuten vergeudet. Ein Rekord. Ein Blick in den Spiegel sagt Greta, dass sie wie immer aussieht. Bravo.

Acht Uhr. Greta erreicht den Siedepunkt. Sie denkt nicht im Traum daran, Tom anzurufen. Stattdessen tippt sie eine SMS, die sie nicht sendet. Innerlich tobt sie: Was bildet dieser Scheißkerl sich ein! Um den ärgsten Hunger zu stillen, stopft sie ein großes Stück Emmentaler Käse in sich hinein.

Um halb neun hört sie den Schlüssel im Schloss. Sie setzt sich blitzschnell, schleudert ihre Schuhe von den Füßen, legt ihre Beine hoch und schlägt die Zeitung auf.

„Hallo, Schatz“, ruft Tom, „I’m home!“

Als er das Wohnzimmer betritt, blickt sie nicht auf und raschelte laut mit der Zeitung.

Er legt seine Tasche ab. „Irrenanstalt! Ich konnte den Laden nicht früher verlassen. Nicht böse sein, okay?“

„Ich bin nicht böse“, zischt Greta. „Warum sollte ich? Du bist nur anderthalb Stunden zu spät.“

„Lass uns schnell essen gehen. Ich habe einen Bärenhunger.“

„Für wann hattest du reserviert? Der Tisch wurde bestimmt bereits anderweitig vergeben.



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