Eisenherz by Nicola Foerg
Autor:Nicola Foerg [Foerg, Nicola]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2012-06-03T15:13:55+00:00
Weilheim
Gerhard war um halb acht im Büro. Baier zog die linke Augenbraue hoch. Mehr nicht.
»Dann pack mers zum Schmoll.«
Schmolls waren gerade von einem Verwandtenbesuch zurück gekommen, die Jungs waren in Trachtenanzüge gesteckt worden. Sie sahen aus wie geschrumpfte Erwachsene. Schmoll trug eine protzig bestickte Trachten-Kombination ganz in grünlichem Leder, und Maria wogte in einem Edeldirndl in dunklem Lila mit schwarzem Samtjäckchen. Nur ihre himmelhohen Pumps waren so gar nicht trachtlig und störten ein wenig das Bild von der perfekten bayerischen Familie. Von Marias Zeter und Mordio unterbrochen, war Schmoll zu entlocken, dass er tatsächlich am Dienstag noch in der Halle gewesen war. Um mit Lepaysan zu reden. Ihn zur Vernunft zu bringen. Aber weil der Mann ihn hatte eiskalt abblitzen lassen, sei er gegangen. Den ehrenwerten Dorf-Bürgermeister hatte er gesehen. Natürlich, man kannte sich, so unter Parteifreunden.
»Und was wollte der in der Halle?«, fragte Gerhard.
»Was alle wollten. Die Mädchen ansehen. Etwas ausspannen.« Schmoll schien jetzt alles egal zu sein, auch, dass die Furie einen ihrer Pumps ausgezogen hatte und kreischend auf ihn einprügelte. »Ausspannen! Ausspannen! Du musst ausspannen, was?! Von deiner Familie? Du guarro!«
Es gelang Gerhard, sie von ihrem Gatten zu lösen.
Ohne handfeste Beweise reichte das alles nicht aus. Sie fuhren zum Bürgermeister, der mitten im Dorf unweit des Maibaums wohnte. Der Herr Bürgermeister öffnete und erklärte sofort, dass er Strohwitwer sei. Die Gattin war übers Wochenende auf eine Beauty-Farm am Tegernsee gereist. Er hatte augenscheinlich auf seiner Ledercouch gelegen. Auf dem Tisch standen drei leere Flaschen Karg. Auch er gab schließlich zu, Dienstagnacht noch in der Halle gewesen zu sein. Er hatte Schmoll getroffen, der sei ihm komisch vorgekommen. So gehetzt. Plötzlich durchzuckte so was wie Erkennen sein Gesicht.
»Ist der Basti auch erpresst worden?«
Er wollte sich fast ausschütten vor Lachen, verschluckte sich und hustete ganz erbärmlich. Als er sich wieder beruhigt hatte, konnten sie ihm aber auch nur entlocken, dass der Schmoll vor ihm gegangen sei. Er selbst wenig später.
»Waren Sie der Letzte?«, fragte Evi.
»Schöne Frau, das wäre saudumm, wenn ich das sagen würde. War ich aber eh nicht. Es kam einer die Treppe hoch, als ich gegangen bin. Hab ich schon mal irgendwo gesehen. Wusst aber nicht, wo ich den hintun sollte.« Er beschrieb den Mann. »Noch einer, der Geld ablatzen sollte?«
Und er lachte wieder aus vollem Halse. Gerhard starrte ihn an. Da war einer, der mit Sicherheit Schmiergeld kassiert hatte. Einer, der eine alte Frau übers Ohr gehauen hatte. Einer, der einem Dorf vorstand. Und der so selbstgefällig war, dass Gerhard das Kotzen kam. Der wohl dachte, dass er alle und jeden linken konnte. Ein bauernschlauer Kleinkrimineller, der immer durchkam, abgefedert durch ein Fangnetz, das die Parteifreunde gespannt hatten.
Er hätte ihn gerne als Mörder verhaftet. Dieses Arschloch! Aber das alles reichte nicht. Wie bei Schmoll, für den Gerhard deutlich mehr Sympathien hegte.
Sie hatten natürlich von beiden Verdächtigen Fingerabdrücke genommen, die sie mit jenen auf dem Stativ vergleichen mussten, aber irgendwie versprach sich Gerhard wenig davon. Selbstverständlich mussten die Abdrücke auch mit jenen im Atelier abgeglichen werden – und das waren Tausende.
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