Ein Viertelpfund Mord by Kramp Ralf

Ein Viertelpfund Mord by Kramp Ralf

Autor:Kramp, Ralf [Kramp, Ralf]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi/Thriller
Herausgeber: KBV Verlags- und Mediengesellschaft
veröffentlicht: 2013-04-09T22:00:00+00:00


Im elften Stock

mit Friedhelm Tröbel

Wenn Friedhelm Tröbel in Helenas Gegenwart einen seiner Hustenanfälle bekam, dann sah er noch komischer aus als sonst, und das wollte bei einer Witzfigur seines Formats wirklich etwas heißen.

Tröbel machte viele komische Dinge. Er näselte und schnaufte beständig und benutzte ein unglaubliches Deo, um das sich die internationale Chemiewaffenbehörde längst einmal hätte kümmern sollen. Er trug mit Vorliebe Pullunder in grellen Farben, die bei empfindlichen Zeitgenossen unter Umständen zur sofortigen Erblindung hätten führen können, und pflegte alle paar Minuten mit zwei Fingern seine Hornbrille den Nasenrücken hinaufzuschieben. Wenn er geräuschvoll den Kaffee schlürfte, hielt er stets affig die flache Hand unters fliehende Kinn, und mindestens einmal jede Viertelstunde zog er sich mit der rechten Hand den schmierigen Seitenscheitel nach, wobei seine weißen, dünnen Finger wie ein Quartett blasser Ballettschwuchteln regelrecht die Scheitellinie entlang zur Stirn hinuntertänzelten.

Tröbel war einfach eine unglaublich komische Figur – für denjenigen, der Sinn für eine gewisse Art von Humor hatte.

Er war allerdings überhaupt nicht lustig, wenn er versuchte Witze zu erzählen. Und Tröbels Anblick war auch überhaupt nicht komisch, wenn man ihm beim Verschlingen seines Pausenbrots zusehen musste, oder wenn er nach dem letzten Bissen für einen Moment innehielt, angestrengt hinter den Brillengläsern die Augen aufriss, so dass sie groß und formlos wurden wie die einer Stubenfliege, und auf den erlösenden Rülpser wartete, den er dann zwischen den Zähnen durchzischen ließ.

Ein stilles Vergnügen war es für Helena, wenn Tröbel an warmen Sommertagen kaum noch wusste, in welche Richtung er seinen Fliegenblick schweifen lassen sollte, ob er aus dem Bürofenster auf den Parkplatz elf Stockwerke unter ihnen gaffen sollte, ob er ganz intensiv den Wandkalender auf seine Richtigkeit prüfen oder den Zeiger der Uhr verfolgen sollte, kurzum, wenn er sich vor lauter Scham nicht mehr getraute zu ihr hinüberzugucken, nur weil sie ein trägerloses Top oder ein nabelfreies Shirt trug.

Tröbel war unverheiratet und ungebunden, betrat das Bürogebäude fast immer als Allererster und verließ es erst, wenn alle anderen schon längst weg waren, und Helena hielt es durchaus für möglich, dass er in Ermangelung jedweder sexueller Erfahrungen ihren gepiercten Bauchnabel mit einer wesentlich pikanteren Stelle ihres Körpers verwechseln könnte. Wenn sie die Brust vorreckte, oder den Rücken dehnte, saß er sehr verkniffen auf der anderen Seite des Doppelschreibtischs und nahm eine gekrümmte Haltung ein, vermied jede Bewegung und gestattete seinen Ohren von Zeit zu Zeit, in leuchtendem Karmesin zu erstrahlen.

Das Größte aber, da gab es für Helena keinen Zweifel, waren die bereits erwähnten infernalischen Hustenanfälle. Da konnte man fast eine gewisse Achtung vor der komischen kleinen Figur entwickeln. Eine einzige Geste Helenas reichte völlig aus, um ein Kabinettstückchen der Schauspielkunst in ihrem kleinen Zweimannbüro aus dem Hut zu zaubern. Sie brauchte sich nur entspannt im Drehsessel zurückzulehnen, den linken Arm in den Nacken zu legen und mit der Rechten in gespielter Geistesabwesenheit die obere Schublade ihres Schreibtisches zu öffnen. Dann vollzog sich augenblicklich in der gekrümmten Gestalt im orangefarbenen Pullunder eine regelrechte Eruption. Ein Räuspern, langsam anschwellend, in immer kürzer werdenden Intervallen, ein Griff



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.