Ein Fremder liegt in meinem Grab by Millar Margaret

Ein Fremder liegt in meinem Grab by Millar Margaret

Autor:Millar, Margaret [Millar, Margaret]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Kriminalliteratur
ISBN: 9783257604702
Herausgeber: Diogenes
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


[227] 13

Ich bin allein, umgeben von fremden Menschen, an einem fremden Ort.

Es war halb drei, als Pinata in der Nachbarschaft des Café Velada ankam. Bevor er aus dem Auto stieg, legte er sein Sportjackett und seine Krawatte ab, knöpfte das Hemd am Hals auf und krempelte die Ärmel hoch. Sein Plan war, direkt auf sein Ziel loszugehen, indem er nach dem Mädchen fragte, und so zu tun, als sei er einer ihrer Verehrer.

Doch er hatte nicht mit Mrs. Brewsters scharfen Augen gerechnet. Kaum war er zur Tür herein, hatte sie ihn auch schon erblickt und raunte Chico, dem Piccolo, aus einem Mundwinkel zu: »Polizei. Du was ausgefressen?«

»Nein, Mrs. Brewster.«

»Lüg mich nicht an.«

»Ich lüge nicht. Ich bin –«

»Wenn er nach deinem Alter fragt, sagst du einundzwanzig, verstanden?«

»Er wird es nicht glauben. Ich kenne ihn. Ich meine, er kennt mich vom Verein christlicher junger Männer. Da hat er mir Handball beigebracht.«

»O. K., geh nach hinten, und versteck dich da, bis er wieder weg ist.«

[228] Chico verschwand wie der Blitz im hinteren Raum, den Besen zwischen den Beinen wie eine Hexe, die sich vor einer größeren Hexe fürchtet.

Pinata setzte sich an die Bar. Ihre Schürze wie einen Schild vor sich hochhebend, kam Mrs. Brewster auf ihn zu und fragte höflich: »Mit was kann ich Ihnen dienen, Sir?«

»Was gibt's heute bei Ihnen als Tageslunch?«

»So spät servieren wir keinen Lunch mehr.«

»Könnt ich vielleicht einen Teller Suppe haben?«

»Die letzte ist gerade weggegangen.«

»Kaffee?«

»Der ist abgestanden.«

»Schade.«

»Ich könnte Ihnen einen frischen machen, aber das würde zu lange dauern. Ich bin sehr langsam.«

»Chico ist sehr flink«, entgegnete Pinata. »Er ist natürlich auch noch jung.«

Mrs. Brewsters Augen glitzerten. »So jung auch nicht. Schon einundzwanzig.«

»Ich würde ihn auf sechzehn schätzen.«

»Einundzwanzig. Er hat 'n Geburtsschein, wo sagt, einundzwanzig, alles sauber gedruckt.«

»Dann hat er wahrscheinlich seinen eigenen Drucker.«

»Chico sieht nur so jung aus, weil sein Bart so langsam durch die Haut wächst«, sagte Mrs. Brewster verbissen.

Pinata hatte inzwischen schon gemerkt, dass sein geplanter direkter Angriff nutzlos war. Von einer Frau Auskunft zu bekommen, die sich schon weigerte, ihm Lunch oder Kaffee zu servieren, war unmöglich. »Hör'n Sie mal zu«, sagte er zu ihr, »ich bin kein Kriminalbeamter. Mir ist es [229] doch gleich, ob Sie Leute unter einundzwanzig beschäftigen. Aber Chico ist zufällig ein Freund von mir, und ich hätte gern kurz mit ihm gesprochen.«

»Wozu?«

»Ach, nur um zu sehen, wie's ihm geht.«

»Es geht ihm gut. Er kümmert sich nicht um andere Leute, was jeder andere auch tun sollte.«

Pinata blickte suchend in den Hintergrund des Cafés und begegnete dort Chicos Augen, die durch das kleine viereckige Glasfenster in einer der Pendeltüren nach ihm Ausschau hielten. Pinata lächelte ihm zu, und der Junge grinste freundlich zurück.

Als Mrs. Brewster dieses Grinsen sah, überlegte sie einen Moment lang, während sie sich verlegen die Hände an ihrer Schürze abwischte. »Chico hat doch nichts angestellt?«

»Nein.«

»Und Sie kennen ihn vom Verein christlicher junger Männer her, wie?«

»Das stimmt.«

Mrs. Brewsters Schnaufer bezeugte, welch geringe Meinung sie von den christlichen jungen Männern hatte, aber sie gab Chico ein Zeichen, und schon kam er seitlings zur Tür heraus.



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