Ein Fall für den Madlfinger Handarbeitsclub 02 - Wollwut by Kramer Leonie

Autor:Kramer, Leonie [Kramer, Leonie]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Blanvalet Taschenbuch Verlag
veröffentlicht: 2023-11-22T00:00:00+00:00

26. Farbton

Fixieren kommt beim Färben ohne Fesseln aus.

Auf dem Weg zum Rathaus fielen Wallenstein große Einmachgläser mit undefinierbarem Inhalt auf, die auf Fensterbrettern in der prallen Sonne standen. Er ging näher und erkannte Blüten, Blätter, Früchte und Gemüseabfälle. Offensichtlich plünderten die Madlfingerinnen wieder die heimische Botanik. Hoffentlich arbeiteten sie nicht am ultimativen Sommerkräuterrezept und entwickelten dabei zufällig eine tödliche Biowaffe. Mit Grauen erinnerte er sich an das vergangene Bärlauchpesto-Fiasko.

»Kommen S’ mal zu mir«, riss ihn die Stimme von Irene Goschenhofer aus seinen Gedanken, die ihren Kopf samt toupierter Haarpracht aus einem Fenster im ersten Stock steckte. Wallenstein ging zu ihrem Büro und rechnete mit einer weiteren Ermahnung, den Fall zügig aufzuklären, bekam aber ein Stück Karton ausgehändigt.

»Hat jemand für Sie in den Briefkasten geworfen. Anonym«, klärte sie ihn auf.

Das Kartonstück war von einer gebrauchten Pizzaverpackung abgerissen worden. Unter La Famiglia war in Großbuchstaben sein Name geschrieben. Mit Bleistift, extrem fest aufgedrückt. Auf der Rückseite stand zwischen Tomatensoßenresten und Olivenölspuren eine kurze Liste:

Feuerwehr

Volkstrachtenverein

Fingerhakler

Stockschützen

Förderkreis Murnauer Schlossmuseum

»Die Schachtel ist von unserer neuen Pizzeria im Neubaugebiet«, klärte die Bürgermeisterin ihn stolz auf. »Superschnell und so gut wie in Neapel. Wenn die für die Lieferung im Ort länger als fünfzehn Minuten brauchen, ist die ganze Bestellung umsonst. Ist ein Einführungsangebot. Gilt nur noch im Juli.«

Wallenstein bedankte sich, machte sich auf den Weg zum Saal und betrachtete im Gehen die Verpackung. Der Karton war bestimmt nicht zufällig gewählt, sondern Teil der Botschaft. Bei La Famiglia dachte er sofort an Ariadne. Sie war überzeugt, dass die Mafia seit Längerem in Madlfing schmutziges Geld sauber wusch. Aber warum sollte sie ihm auf diesem Weg einen Hinweis zukommen lassen, wenn sie doch genauso gut offen mit ihm sprechen konnte? Er hatte sie schließlich gerade erst gesehen, und dabei war sie alles andere als schüchtern gewesen. Außerdem gab es bei Helmut Littmann bisher keinerlei Anhaltspunkt für Kontakte mit dem organisierten Verbrechen. Sie würden auf jeden Fall überprüfen, ob der Pizzeriabetreiber bei Littmann Versicherungen abgeschlossen hatte. Aber welchen Zusammenhang konnte es zwischen Littmann, La Famiglia und den Vereinen geben?

»Ich bestelle euch für heute Mittag Pizza. Dann läuft’s vielleicht schneller mit dem Ermitteln«, rief die Bürgermeisterin ihm nach. Klar, dass sie diesen Kommentar noch anbringen musste.

Wegen der Hitze stand die Tür des Sitzungssaales offen. Durch die Festverglasung der Fensterfront war Querlüften jedoch unmöglich. Die einzige Luftbewegung verursachte ein brummender Zimmerventilator an Floss’ Arbeitsplatz.

»Wie war das Moorbad?«, fragte Wick.

»Gewöhnungsbedürftig.« Wallenstein stieg über mehrere Kabel.

Floss, im Basketball-Dress, strahlte. »Bei mir hatte es äußerst belebende und heilsame Wirkung. Meine Frau war total erstaunt.«

Er wollte gar nicht wissen, was er sich darunter vorstellen sollte. Die anderen Polizisten fragten zum Glück auch nicht nach.

Wallenstein setzte sich und legte den Karton auf den Tisch.

»Bist auch schon pizzanarrisch?«, fragte Lechner, als er die Verpackung sah.

Beim Versuch, die Schultern zu heben, merkte Wallenstein, dass die heilsame Wirkung längst schon wieder nachgelassen hatte. »Wurde anonym abgegeben.«

»Bestimmt von deinem legendären Ermittlerinnenteam«, mutmaßte Wick und begutachtete die Nachricht. »Das sind die Vereinsmitgliedschaften vom Littmann. Wissen wir schon alles. Bis auf das Schlossmuseum. Aber nett, dass sie mithelfen wollen.

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