Ein Akt Der Gewalt by Ryan David Jahn

Ein Akt Der Gewalt by Ryan David Jahn

Autor:Ryan David Jahn
Die sprache: de
Format: mobi, epub
ISBN: 9783453266797
Herausgeber: Heyne Verlag,München,
veröffentlicht: 2011-04-05T22:00:00+00:00


21

William lenkt den langen Kombi in die Auffahrt und parkt ihn über einem Metallblech, das mit Sand bedeckt ist. Der Wagen hat zuletzt Öl verloren, aber ihm fehlt die Zeit, ihn reparieren zu lassen. Ein Blech, um das Öl zu sammeln – mehr kann er im Augenblick nicht tun.

Er sitzt hinterm Lenkrad und starrt auf das weiße Garagentor. Es ist verbeult, denn vor ungefähr drei Monaten war er zu weit vorgefahren und hatte es leicht touchiert. In der Einbeulung, dort, wo der Knick im Metall die Farbe hat absplittern lassen, ist bereits Rost zu sehen. Noch etwas, das erledigt werden muss.

Und jetzt hat er Blut auf seinen Arbeitsstiefeln.

Und vielleicht wird jemand ihn wiedererkennen.

Zumindest ist er rechtzeitig abgehauen. Die Polizei ist wahrscheinlich jetzt da, und deswegen ist es gut, dass er sofort abgehauen ist.

Er stößt die Tür des Kombis auf und steigt aus. Er betrachtet seine Stiefel im Mondlicht. Hier draußen sieht das Blut fast schwarz aus, und es gibt ziemlich viel davon, aber vielleicht kann er es ja abscheuern. Hoffentlich. Die Stiefel sind noch fast neu, und es würde ihn wurmen, sie jetzt schon austauschen zu müssen. Wo er sie doch gerade erst eingetragen hat.

Er hätte es besser wissen müssen und sie heute Nacht nicht anziehen sollen. Aber er hatte nicht klar denken können, er hatte überhaupt nicht denken können. Es hatte ihn nur getrieben. Es treibt ihn immer noch. Sein Magen krampft, und seine Erektion schmerzt vor Verlangen. Es wird nicht vergehen. Es ist allumfassend, dieses Verlangen, und er hat aufgeben und abhauen müssen. Es ist also noch immer da. Er muss es ignorieren. Irgendwann wird es sich verflüchtigen. Hofft er.

Er wirft die Wagentür zu und ist schon fast am Haus, als ihm das Messer einfällt. Er geht zurück, nimmt es vom Beifahrersitz und hält es in der Hand, als er wieder den Pfad zum Haus einschlägt.

Drinnen schiebt er die Vordertür leise zu, weil er seine Frau und die Kinder nicht wecken will. Dann verschließt er die Tür mit Riegel und Kette.

Danach geht er in die Küche und macht das Licht über dem Spülbecken an. Er legt das Messer in das Becken und dreht das warme Wasser auf. Er spritzt Spülmittel auf seine Hände und schrubbt sie ab. Sie sind rau und voller Schwielen. Niednägel lösen sich und legen die Nagelbetten frei. Es kommt ihm so vor, als würde sich das Blut niemals abwaschen lassen – aber dasselbe Gefühl hat er beim letzten Mal auch gehabt.

Er spült sich die Hände unter dem Hahn ab. Das dampfende Wasser ist so heiß, dass es fast schon schmerzt. Es bewirkt ein Prickeln in den Händen. Er schaut zu, wie das rosa Wasser in einem gegen den Uhrzeigersinn quirlenden Strudel in den Abfluss rinnt.

Er nimmt das große Küchenmesser zur Hand und schrubbt das Blut mit einem grünen Schwamm ab. Als es sauber und abgespült ist, stellt er es in den Abtropfkorb, in dem er es zu Beginn des Abends auch gefunden hatte.

Seine Erektion hat nicht nachgelassen. Sie schmerzt, aber er versucht sie zu ignorieren.



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