Eberl, Ines by Teufelsblut

Eberl, Ines by Teufelsblut

Autor:Teufelsblut
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


NEUN

Nur die Zinnen des neugotischen Turmes ragten aus dem Morgennebel, als Inspektor Applegate die lange Allee entlang auf Lachlan Hall zufuhr. Der Kies auf dem Vorplatz knirschte unter den Reifen des Polizeiwagens. Ein paar Meter abseits von der breiten Schlosstreppe parkte der alte Vauxhall der Haushälterin. Jane Higgins hatte ihren Dienst also bereits angetreten. Erleichterung machte sich in Applegate breit. Es war alles in Ordnung. Wahrscheinlich hatte sie seinen Anruf einfach überhört. Trotzdem war es seine Pflicht, nach dem Rechten zu sehen. Eine Tasse Earl Grey in Janes mollig warmer Küche konnte an einem Novembermorgen wie diesem auch nicht schaden.

Applegate ließ das Auto direkt vor der Schlosstreppe ausrollen. In früheren Zeiten wäre jetzt ein Rudel Spaniels um die Ecke gestürmt und hätte ihn lautstark begrüßt. Aber Sir Angus ging schon lange nicht mehr auf die Moorhuhnjagd, und sein Sohn Alastair lebte in New York. In St. Mary-in-the-Moor hatte ihn seit Jahren niemand mehr gesehen.

Der Inspektor stieg die Schlosstreppe hinauf und betätigte den eisernen Türklopfer, der als Rose geformt war. Aber nichts geschah, niemand kam, um ihm zu öffnen. Hinter den hohen Bleiglasfenstern der Halle brannte Licht. Durch das Ochsenauge über der Tür konnte er den Kronleuchter erkennen.

Applegate klopfte noch einmal. »Guten Morgen, hier ist Inspektor Applegate, Polizeidienststelle St. Mary-in-the-Moor!«

Nichts rührte sich.

»Jane? Ich bin’s – John.«

Alles blieb still. Die englische Rechtslage beschränkte das unerlaubte Eindringen in fremde Häuser auf äußerst restriktive Weise. Aber nach dem, was er von der alten Annie gehört hatte, fand Applegate, war Zurückhaltung hier nicht mehr angebracht. Er fasste den schweren Messingknauf, stieß die Tür auf und trat über die Schwelle.

Jane Higgins lag am Fuß der großen Treppe, die auf die Galerie hinaufführte. Mit aufgerissenen Augen starrte sie zu den bunten Kriegsbannern hinauf, die an den Dachsparren hingen. Ihre Lider flatterten, und ein dunkler Fleck breitete sich unter ihrem Kopf aus. Quer über ihrer Brust lag eine blutbesudelte Hellebarde.

Im Ofenrohr gab es eine kleine Explosion. Ben schnupperte. Der Duft nach Bratäpfeln, gerösteten Nüssen und Schokolade zog durch die warme Küche. Er ging zum Herd hinüber, nahm eines der geflickten Küchentücher und öffnete die Herdklappe. Heißer Dampf entwich dem schwarzen Ofenloch, ließ seine Brillengläser beschlagen und verstopfte ihm die Nase. Ben wich zurück und hustete. Dann zog er die angeschlagene Kasserolle aus Emaille heraus und stellte sie auf die eisernen Herdringe. Die Haut der mit Nüssen gefüllten Äpfel war an manchen Stellen aufgeplatzt und weißes Fruchtfleisch quoll aus den Rissen. Sie brutzelten in ihrem eigenen Saft weiter. Der Duft war unwiderstehlich. Ben rieb sich die Hände. Nach den Worten von Chris hatte er beschlossen, den Tatsachen ins Auge zu sehen und das Beste aus seiner Lage zu machen. Auf keinen Fall konnte er es sich leisten, den Einödhof zu verlassen. Und eigentlich wollte er das auch nicht.

Schließlich gehörte ihm ein Bauernhaus im Zentrum eines angesagten Skiortes. Natürlich war es in die Jahre gekommen und in seinem derzeitigen Zustand nur bedingt bewohnbar. Aber nach einer Renovierung würde es einen anständigen Kaufpreis erzielen. Wahrscheinlich konnte man sogar ein paar Baugründe aus dem großen Grundstück herauslösen und getrennt verkaufen.



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