Dunkler Tanz by Andreas Gößling

Dunkler Tanz by Andreas Gößling

Autor:Andreas Gößling [Gößling, Andreas]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-95824-599-0
Herausgeber: dotbooks
veröffentlicht: 2013-01-31T23:00:00+00:00


Kapitel 16

Gabrielle sagte: »Du warst noch nicht ganz im Sep, da ist Jean Baptiste auf und davon, weißer Typ.«

Und sie sagte: »Mit deiner Elsie, na klar, weißer Typ – die war auch dabei. Das kostbarste Tierchen in seiner Karawane.«

Und Gabrielle sagte: »Wohin? Tja, das wird nicht ganz so leicht. Aber wir finden es heraus.«

Und sie sagte auch: »Vermutlich geht’s wieder mal ums Tanzknochenhaus. Ganz großer Kunde von Jean Baptiste. Aber das weiß höchstens Joseph – mon oncle Joseph. Der Hungan im nächsten Dorf – San Miguel, nur ein paar Fußstunden von hier.«

Daniel trottete neben ihr her, am Rand der löchrigen Straße entlang, die sich zwischen Wald und Hügeln in die Berge hochschlängelte. Er war immer noch völlig durcheinander, eigentlich verstand er sogar immer weniger, je länger er das Durcheinander in seinem Kopf zu ordnen versuchte. Schrottreife Busse keuchten hupend und gigantische Dieselrußwolken ausstoßend an ihnen vorbei. Dann wieder kam ihnen ein Eselskarren in Steinzeittempo entgegen. Und dann wieder: nichts als karibische Hitze, die allerdings immer erträglicher wurde, je höher sie in die Berge hinaufkamen. Waldgeruch. Und an seiner Seite Gabrielle, der dämonisch grinsende Todesclown.

Gabrielle, die unvermittelt sagte: »Vielleicht hat der Hungan ja recht?« Dazu sah sie ihn von der Seite lauernd an, aber Daniel reagierte nicht darauf. Natürlich ahnte er, worauf sie hinauswollte, er selbst strich ja mit seinen Gedanken auch immer wieder um diesen wunden Punkt herum. Die Feuerwunde in seinem Innern. Die flammende Frage, den heißen Punkt, wie die Bokore des Voodoo, die Schwarzmagier in einem anderen Zusammenhang tatsächlich sagten – »le point chaud«, die Verbindung mit einem Dämon.

Das Feuer im Sep – wie hatte er das angestellt? Aber wieso ich?, dachte Daniel dann wieder. Denn jedes Mal, wenn ihm diese Frage in den Sinn kam, musste er unweigerlich auch an diese Worte des Hungan denken: »Ich will nicht, dass sich die Loas gegen meinen Humfò wenden.«

Mittag war vorüber. Seit wenigstens einer Stunde folgten sie der bröckligen Bergstraße. Der Hungan hatte ihn zu zwei Tagen und Nächten im Sep verurteilt, ihn dann aber schon zur Mitte des zweiten Tages freigelassen. Warum? Was hatte seinen Sinneswandel bewirkt – das läppische Feuer im Sep, das aus einem Dutzend Gründen ausgebrochen sein konnte? Und weshalb hatte er überhaupt mit Jean Baptiste gemeinsame Sache gemacht – dem Haitianer einen Vorsprung von 48 Stunden verschafft, der nun allerdings, durch das Feuer im Sep, auf 30 Stunden zusammengeschmolzen war.

30 Stunden! Der Magen krampfte sich Daniel zusammen. Was zum Teufel sollte er jetzt machen? Er musste doch nach Elsie suchen! Wie kam er denn überhaupt dazu, mit Gabrielle in dieses Bergdorf zu traben – nur weil sie behauptet hatte, dass ihr Onkel dort über Jean Baptistes Pläne Bescheid wüsste! Und wenn sie ihn wieder nur anlog, wie sie ihn alle hier von vorn bis hinten betrogen hatten – Jean Baptiste, Gabrielle, sogar Ezilie-la-Vierge? An die er jetzt besser nicht denken sollte, denn das steigerte seine Verwirrung nur noch mehr. Deine süße Verräterzunge, unschuldige Ezilie.

»Ich muss zurück, Gabrielle.« Er blieb stehen. »Das hat doch so alles keinen Sinn – ich muss mit der Familie von diesem kleinen Mädchen reden.



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