Drei Flaschen Tokaier by Klaus Möckel

Drei Flaschen Tokaier by Klaus Möckel

Autor:Klaus Möckel [Möckel, Klaus]
Die sprache: deu
Format: epub


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Der erste Schritt muß vor dem zweiten getan werden, das ist eine alte Weisheit, und für Kielstein trifft sie besonders zu, denn er hat von Bothe zwar grünes Licht erhalten, aber zunächst nur für diesen ersten Schritt; was auch in Ordnung ist – sollte sich Paulsens Angabe über die leere Packung F 6 als Finte erweisen, hätte man bloß einen kleinen Umweg gemacht, jedoch nicht alle Pferde scheu. Die große Maschinerie kann immer noch in Gang gesetzt werden, dann nämlich, wenn sich herausstellt, daß was dran ist an den Worten des Burschen. Wenn sich jemand findet, der bestätigt, klipp und klar zu Protokoll gibt: Ja, Jörg Paulsen hat gegen Ende des Abends von den Zigaretten der andern mitgeraucht; ich hab gesehen, wie er seine leere Schachtel wegwarf.

Ein Zeuge, wenigstens einer, müßte unter denen zu finden sein, die mit am Tisch saßen, an den beiden Tischen, die sie zusammengerückt hatten. Sechs Personen kommen dafür in Frage, zwei Mädchen und vier Burschen. Außerdem vielleicht noch der Kellner oder einer vom Nachbartisch, aber das wäre ein Zufall, da hat Kielstein wenig Hoffnung. Doch sechs Personen – das ist für die Klärung eines solchen Details eine vielversprechende Anzahl, selbst wenn sie ein wenig angetrunken waren. Jedenfalls rechnet der Leutnant damit, Gewißheit zu erhalten.

Natürlich wird er die sechs nicht alle selbst befragen. Andreesen kümmert sich um Müller und den Intelligenzler, Felsch ist zu Hinrich und Nina Pflug unterwegs, er selbst hat sich Günther Siebenschein, genannt Karo, und Paulsens Flamme, die Annekathrin Amelang, vorbehalten. Mit diesen beiden beschäftigt sich der Verdächtige in seinen Erklärungen und Antworten am meisten. Flüchtig sind alle sechs schon einmal befragt worden, das war, als Paulsen der Einbruch nachgewiesen werden mußte. Kielstein hat sich die Protokolle der Vernehmungen angesehen. Einen Hinweis auf die Zigarettenschachtel gibt es selbstverständlich nicht.

Und wenn es stimmt, was Paulsen ausgesagt hat, wenn sich tatsächlich ein Zeuge findet, der seine Angabe bestätigt? Kielstein stöhnt auf bei diesem Gedanken, denn dann ginge alles noch mal von vorn los. Dann erschiene der Fall in einem völlig neuen Licht, die Verhaftung Paulsens wäre ein Schlag ins Wasser gewesen. Dann müßte man die Alibis von wenigstens zehn Leuten überprüfen – von all jenen, deren Fingerabdrücke auf der Packung sind, aber auch von anderen, die am betreffenden Abend in der „Hopfenstube“ waren, denn die Schachtel ist offensichtlich durch viele Hände gegangen, und gerade der Täter kann sich vorgesehen haben. Dann müßte man sich mehr mit Zierau beschäftigen, mit seinen Bekanntschaften, dann müßte man ...

Eins nach dem andern – Kielstein schiebt seine Überlegungen energisch beiseite. Er steht auf einem langgestreckten Hof zwischen reparaturbedürftigen Autos sowjetischen Fabrikats: Shigulis, Moskwitschs. Arbeitslärm aus einer Halle rechts, ein Mann im Schlosseranzug, der mit einem aufgeregten Kunden debattiert, eine junge Frau im weißen Kittel, mit einem Packen von Papieren durch die Gegend rennend. Der Leutnant hält sie am Arm fest. „Wo kann ich den Kollegen Siebenschein finden?“

„Siebenschein? Dort drüben bei dem roten Saporoshez, er hat eben die Probefahrt gemacht. – He, Günther, dein Typ wird verlangt“, schreit sie über den Hof.



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