Die Schulden im 21. Jahrhundert by Daniel Stelter
Autor:Daniel Stelter
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Frankfurter Allgemeine Buch
veröffentlicht: 2015-08-31T00:00:00+00:00
4. Vermögensbesteuerung im 21. Jahrhundert
Definitionen:
Sozialstaat = Der aktive Staat sichert die Teilhabe der breiten Bevölkerung am Wohlstand eines Landes durch Steuern, Umverteilung, Sozialleistungen und Investitionen in Bildung und Infrastruktur.
Staatsschulden = Sind die Folge einer falschen Verteilung des Volksvermögens zwischen Privaten und Staat (so Piketty).
Progressive Einkommenssteuer = Besteuerung der Einkommen mit einem steigenden Steuersatz. Je mehr Einkommen jemand verdient, desto mehr muss er davon prozentual als Steuern abgeben.
Progressive Erbschaftssteuer = Analog zur Einkommenssteuer wächst der Steuersatz mit der Größe der Erbschaft.
Progressive Vermögenssteuer = Analog zur Einkommenssteuer erfolgt eine Besteuerung von Vermögen mit einem steigenden Satz, umso höher das Vermögen ist.
Vermögensabgabe = Einmalige Abgabe auf Vermögen zur Bewältigung von Staatsschuldenkrisen.
Staatspleiten = Zahlungseinstellungen durch Staaten mit einhergehenden Verlusten für die Gläubiger.
Sparen = Ausgabensenkung, um Staatsschulden zurückzuführen.
Inflation = Deutliche Entwertung des Geldwerts mit dem Ziel, die Schulden nominal relativ zum Volkseinkommen zu senken und so die Staatsschulden zu reduzieren.
Kernaussagen:
Die Große Depression der 1930er Jahre führte zu der Erfindung des Sozialstaats, der eine Umverteilung von Einkommen und Vermögen und Investitionen in Bildung und Infrastruktur durch Steuern organisierte, was eine geringere Vermögens-/Einkommensquote und eine geringere Vermögenskonzentration nach sich zog. Die größten Erfindungen waren in diesem Zusammenhang für Piketty die progressive Einkommenssteuer mit Spitzensteuersätzen von 80 Prozent und die progressive Erbschaftssteuer.
Die deutliche Verringerung der Steuersätze seit den 1980er Jahren hat demnach unnötigerweise ein gutes System abgeschafft, welches Vermögenskonzentration verhinderte. Damit die Vermögens-/Einkommensquote und die Vermögenskonzentration nicht wieder auf das Niveau vor dem Ersten Weltkrieg steigen, fordert Piketty eine drastische Erhöhung der die Einkommenssteuern (80 Prozent ab 500.000 Dollar) und die Einführung einer globalen progressiven Vermögenssteuer. Da letzte nur schwer zu verwirklichen ist, können regionale Steuern – vor allem in Europa – nach seiner Auffassung ein erster Schritt sein.
Die Staatsverschuldung ist ungerecht, weil sie alle Steuerzahler nötigt, die Verzinsung der vor allem von den Vermögenden gehaltenen Staatsanleihen zu bezahlen. Deshalb sind alle Versuche, durch Sparen die Staatsschulden abzubauen, abzulehnen. Die Staatsschuld ist nur die Folge einer falschen Verteilung des Volksvermögens auf Privatsektor und Staat. Die europäische Staatsschuldenkrise ließe sich problemlos durch eine einmalige Vermögensabgabe lösen, die zudem nur eine Minderheit der Bevölkerung träfe. Staatspleiten würden zu einer ungeordneten Welle an Konkursen und Bankenzusammenbrüchen führen und sind deshalb keine geeignete Alternative. Inflation könnte ebenfalls zu einer Verringerung von Schulden und Vermögen beitragen.
Einschätzung:
Obwohl Thomas Piketty die Rolle des billigen Geldes und gestiegener Gesamtverschuldung in seinen Überlegungen völlig ausblendet, sieht er sehr wohl die deutlich gestiegene Staatsverschuldung. Diese ist für ihn die Folge einer falschen Verteilung des Vermögens zwischen Staat und Privatsektor. Obwohl er einige Effizienzreserven ausmacht, will er am gegebenen Niveau des Sozialstaats festhalten und ihn weiter ausbauen. Dabei übersieht er aber die ungedeckten Verbindlichkeiten der Staaten für die Versorgung einer alternden Gesellschaft. Dies zeigt sich daran, dass er die umlagefinanzierte Rentenversicherung lobt und auch weiterhin für stabil hält. Nur geringe Anpassungen seien nötig. Diese optimistische Einschätzung ist angesichts der erheblichen Kosten der demografischen Entwicklung schlicht nicht nachvollziehbar.
Bezüglich der europäischen Staatsschuldenproblematik empfiehlt Piketty zu Recht eine steuerfinanzierte Lösung. Doch dabei blendet er das Problem der ebenfalls zu hohen Privatverschuldung aus.
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