Die Philosophie im Boudoir (German Edition) by Marquis de Sade

Autor:Marquis de Sade [de Sade, Marquis]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-06-13T22:00:00+00:00

Franzosen, ...

noch eine kleine Anstrengung, wenn ihr Republikaner sein wollt

Die Religion

Ich will euch große Ideen anbieten: Man wird sie anhören, sie werden erwogen werden; wenn auch nicht alle Gefallen finden, so werden doch einige bleiben; ich werde mit irgendetwas zum Fortschritt der Aufklärung beigetragen haben, und ich werde zufrieden sein. Ich verberge es nicht, es schmerzt mich die Langsamkeit, mit der wir das Ziel zu erlangen suchen; mit Unruhe fühle ich, dass die Stunde naht, in der wir es ein weiteres Mal verfehlen werden. Glaubt jemand, dass dieses Ziel erreicht ist, wenn man uns Gesetze gegeben hat? Das soll man sich nicht einbilden. Was tun wir mit Gesetzen ohne Religion? Wir brauchen einen Kult, der für den Charakter eines Republikaners gemacht und weit davon entfernt ist, je den römischen wiederaufnehmen zu können. In einem Zeitalter, in dem wir so überzeugt davon sind, dass die Religion auf die Moral gestützt werden muss und nicht die Moral auf die Religion, brauchte es eine Religion, die auf die Sitten ausginge, die etwas wäre wie deren Entwicklung, deren notwendige Folge, und welche die Seele, indem sie sie erhöbe, stets auf der Höhe jener kostbaren Freiheit müsste halten können, aus der sie heute ihr einziges Idol macht. Nun frage ich, ob es denkbar wäre, dass die eines Sklaven des Titus, eines schäbigen Histrionen aus Judäa einer freien und kriegerischen Nation genügen kann, die sich soeben regeneriert hat? Nein, meine Landsleute, nein, ihr glaubt das nicht. Wenn sich der Franzose zu seinem Unglück noch einmal in die Finsternisse des Christentums vergrübe, so hätten ihn auf der einen Seite der Hochmut, die Tyrannei, der Despotismus der Priester, immer wieder auflebende Laster dieser unreinen Horde, auf der anderen die Nichtswürdigkeit, die engen Gesichtspunkte, die Plattheit der Dogmen und Mysterien dieser elenden und fabulösen Religion alsbald unter das soeben aus eigener Kraft zerbrochene Joch zurückgeführt, indem sie den Stolz der republikanischen Seele entschärften!

Lasst uns nicht aus dem Auge verlieren, dass diese puerile Religion eine der besten Waffen in den Händen unserer Tyrannen war; eins ihrer ersten Dogmen war, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist; doch wir haben Caesar entthront und wollen ihm nichts mehr geben.

Franzosen, es wäre vergebens, wolltet ihr euch schmeicheln, der Geist eines vereidigten Klerus müsse nicht mehr der eines abtrünnigen sein; es gibt Standeslaster, die man nicht ablegen kann. Bevor noch zehn Jahre vergingen, würden eure Priester vermittels der christlichen Religion, ihres Aberglaubens, ihrer Vorurteile, ihrem Leid und ihrer Armut zum Trotz die Herrschaft über die Seelen wiedergewinnen, welche sie an sich gerissen hatten; sie würden euch wieder an Könige ketten, weil deren Macht stets jene andere gestützt hat, und euer republikanisches Gebäude fiele, des Fundaments ermangelnd, in sich zusammen.

O ihr, die ihr die Axt in Händen habt, versetzt dem Baum des Aberglaubens den letzten Schlag; begnügt euch nicht damit, seine Zweige zu lichten: Entwurzelt nur ganz und gar eine Pflanze, deren Wirkungen so ansteckend sind; seid absolut überzeugt davon, dass euer System der Freiheit und Gleichheit den Dienern an Christi Altären allzu offenbar

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