Die Herrin der Rosen - Historischer Roman by Sandra Worth

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman by Sandra Worth

Autor:Sandra Worth
Die sprache: deu
Format: mobi
ISBN: 9783838719177
Herausgeber: Verlagsgruppe Luebbe GmbH Co KG
veröffentlicht: 2012-06-09T22:00:00+00:00


Aber es verlief nicht gut. Im März, der Winter raffte sein schmutziges Kleid und die Felder machten sich für den Frühling bereit, war ich im Stall, wo ich Rose ein wenig Zucker gab, als die Wehen einsetzten. Ich stolperte nach draußen. Es war noch zu früh, denn das Kind sollte erst in einem Monat zur Welt kommen. Mehrere Jungen liefen herbei und trugen mich in meine Kammer. Die Hebamme wurde gerufen, und sie stand mir mit Ursula und Maude während der langen Stunden bei. Durch die Krämpfe hörte ich ihre Stimmen nur gedämpft, stöhnte die Nacht hindurch und nahm lediglich wahr, dass mir immer wieder die Stirn mit kaltem Wasser abgewischt wurde.

Als der Morgen anbrach, war nichts zu hören bis auf den Gesang der Vögel. Keine laufenden Schritte oder Kinderlachen, keine Befehle an Bedienstete, kein Klappern von Frühstücksgeschirr. Nur Stille. Ich bemerkte, dass meine Schmerzen aufgehört hatten. »Ist es ein Junge oder ein Mädchen?«, fragte ich.

Weder Ursula noch Maude antworteten.

Mühsam versuchte ich, mich aufzusetzen und selbst nachzusehen, doch mein Körper war wie von Bleigewichten beschwert. Keuchend sank ich auf das Laken zurück. »Junge oder Mädchen?«, wollte ich noch einmal wissen.

Nach einigem Zögern sagte die Hebamme: »Ein Junge.«

»Wo ist er? Geht es ihm gut? Ich will ihn sehen.«

»Später, Isobel. Ihr seid schwach und braucht Ruhe.« Das war Ursulas Stimme.

Mit einem erleichterten Seufzer ließ ich meine Augen zufallen. Ursula hatte recht: Ich war erschöpft.

»John wird sich sehr freuen«, flüsterte ich. »Ich werde ihn John nennen. John. Dann haben ich zwei Johns, die ich lieben kann.«

Danach musste ich eingeschlafen sein, denn als ich die Augen wieder öffnete, dämmerte es bereits, und der Himmel war fahl. Nun schaffte ich es, mich auf die Ellbogen aufzustützen. Ursula döste neben meinem Bett, wurde allerdings gleich wach, als ich mich regte. Im Zimmer war es sehr still. Wo war mein Baby?

»Ich möchte meinen kleinen John sehen …«, sagte ich. Ursula ergriff meine Hand und hielt sie fest, doch sie antwortete nicht. Was war los? Wo waren alle anderen? Warum weinte mein Kind nicht?

Ursula sah mich an. Ihre Mundwinkel bebten, und Tränen glänzten in ihren Augen. »Es tut mir leid, Isobel, so leid, meine gute Lady … Euer Kind …« Weiter konnte sie nicht sprechen.

Verwirrt starrte ich sie an. Durch das offene Fenster war der Abendgesang der Mönche zu hören. Die süßen Harmonien brachten mir meinen Verlustschmerz mit der Wucht eines Dolchstoßes. Tränen liefen mir über die Wangen, ich schaute Ursula fassungslos an.

»Er hat … nicht geatmet«, sagte sie stockend und umklammerte meine kalte Hand mit ihrer.

Mein Kleiner war mir genommen worden, bevor ich ihn in meinen Armen halten durfte. Mein winziges, wunderschönes Kind war tot geboren worden …

Ich schloss die Augen.

Die nächsten Wochen ertränkte ich meinen Kummer im fröhlichen Geplapper meiner Töchter und vergrub mich in der Arbeit, den Haushalt zu führen. Derweil trauerte ich um mein Neugeborenes und sehnte mich nach John. Der treue Rufus musste ihn ebenfalls vermissen, denn er blickte traurig drein und folgte mir auf Schritt und Tritt, als könnte ich ihn zu seinem Herrn führen.



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