Die Geliebte des Mörders by Christian Macharski

Die Geliebte des Mörders by Christian Macharski

Autor:Christian Macharski [Macharski, Christian]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: paperback Verlag
veröffentlicht: 2017-03-06T23:00:00+00:00


Das Paket

19

Donnerstag, 11. Juni, 9.48 Uhr

Der Glibber verteilte sich gleichmäßig in Fredis Gesicht. Entnervt wischte er sich die klebrige Masse aus den Augen, während Jerome vor ihm saß und vor Vergnügen gluckste. Fredi hatte gar nicht gewusst, dass es „Slimy“ immer noch gab. Jenen giftgrünen, zähflüssigen Schleim, mit dem er selbst früher gerne seine Eltern terrorisiert hatte. So langsam bekam Fredi eine vage Vorstellung davon, was ihm bevorstand, für den Fall, dass seine Zeugungsversuche irgendwann von Erfolg gekrönt sein sollten. Zwar hatte er Jerome schon des Öfteren bei gemeinsamen Grill- oder Videoabenden erlebt, aber heute war es das erste Mal, dass er als eine Art Babysitter mit ihm allein war. Und genauso wie das Slimy auf seiner Haut dehnte sich auch die Zeit. Obwohl Borowka gerade mal seit einer halben Stunde weg war, fühlte es sich schon an wie mehrere Stunden. Der Wohnzimmerteppich war mit Spielzeug übersät. Naiv wie er war, hatte Fredi die große Kiste mit dem ganzen Krimskrams einfach auf den Boden gestellt, um in Ruhe das geeignete pädagogische Spielgerät herauszusuchen. Doch es hatte keine zwei Sekunden gedauert, bis der erstaunlich kräftige Jerome mit großer Begeisterung die komplette Kiste umgekippt hatte, sodass die vollständige Sammlung von Matchbox-Autos, Duplosteinen und Actionfiguren im gesamten Wohnzimmer verstreut war. Immerhin hatte Fredi auf diese Weise einen besseren Überblick über das Angebot. Nachdem er mehrere Türme aus Bauklötzen oder ähnlichen Materialien erbaut hatte, war ihm klar geworden, dass Jerome mehr am Zerstören als am Entwickeln interessiert war. Fredi war auch neu, dass Jerome trotz seiner eher stämmigen Figur so unglaublich flink unterwegs war. Von früheren Besuchen hatte er ihn noch als torkelnden, kleinen Tollpatsch mit krummen Beinen in Erinnerung. Das hatte sich ganz offensichtlich binnen weniger Monate dramatisch geändert. Jerome war nicht nur schnell wie der Wind, sondern auch sehr geschickt mit seinen kleinen Patschehändchen. Die Fingerfertigkeit hatte er anscheinend von seinem Vater geerbt, der als Meister am Schraubenschlüssel galt. Kaum hatte Fredi die „Hot Wheels Power-Parkgarage mit Aufzug und zwei Startschleudern“ aufgebaut, bekam er von hinten eine Hulk-Actionfigur über den Kopf gezogen. Und weil der grüne Hartplastik-Wüterich bei dieser hinterhältigen Attacke seinen rechten Arm verlor, musste Fredi sich auch noch, statt um seine eigene Beule, um einen untröstlichen Zweijährigen kümmern, der so heftig in Tränen ausbrach, als beklage er einen frisch verstorbenen Angehörigen. Komischerweise war die Trauer aber schon wieder vergessen, noch bevor Fredi den fehlenden Arm wieder angeschraubt hatte. Grund für die wiederkehrende gute Laune war die mit großem Radau auf dem Parkett zerschellende Porzellanschüssel, in die Fredi wider besseres Wissen Chips gefüllt hatte. Chips, die er so gerne gegessen hätte, nur um seine Nerven zu beruhigen. Nachdem er die Scherben zusammengekehrt hatte, hatte er zum letzten Mittel gegriffen, das Borowka ihm nur für den Notfall erlaubt hatte. Angesichts des Chaos war der Notfall in Fredis Augen aber bereits seit geraumer Zeit eingetreten. Bei strenger Auslegung sogar ungefähr zehn Sekunden, nachdem Borowka die Wohnung verlassen hatte.

Nun genoss Fredi die himmlische Ruhe, die eingekehrt war, unmittelbar nachdem er Jerome vor das iPad gesetzt und „Bob, der Baumeister“ gestartet hatte.



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