Die Geisel by G.M. Ford

Die Geisel by G.M. Ford

Autor:G.M. Ford [Ford, G.M.]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
veröffentlicht: 2012-01-03T23:00:00+00:00


27

Corso hielt den Atem an und drehte zentimeterweise den Kopf. Er war immer eher der Typ gewesen, der wegschaute, wenn der Arzt ihm eine Spritze gab, also war er mit Sicherheit nicht scharf darauf, das Aufblitzen der Messerklinge zu sehen, während sie sich auf die Reise zu seinem Herzen machte. Er hatte nie damit gerechnet, im Bett zu sterben, und deshalb oft darüber nachgedacht, wie wohl sein letzter Augenblick aussehen würde. Die Sekunde, in der ihm klar wurde, dass es schiefgegangen und die Party unwiderruflich zu Ende war. Dabei war es anscheinend immer um irgendeine Form von Penetration gegangen, sei es eine Kugel, die sich in sein Herz, oder ein Eispickel, der sich durch sein Auge bohrte; die Vorstellung der letzten Nanosekunde seines Bewusstseins begann immer mit dem Zerreißen seines Fleisches und endete stets mit einem plötzlichen Schauder und der letzten Abblende ins Schwarze.

Schwarz wie die Hand auf seiner Schulter. Anscheinend trug jeder in dieser Stadt einen Ring am kleinen Finger. Corso ließ seinen Blick den Arm hinaufwandern, bis er in das feindseligste Paar braune Augen schaute, das ihn je angestarrt hatte. »Haben Sie Mrs. Gravley belästigt?«, fragte die Stimme.

»Was?«

»Ob Sie Mrs. Gravley belästigt haben?«

Die Hand auf seiner Schulter drehte Corso nach links. Da sah er sie. Die alte Frau. Die an dem Geldspielautomaten gesessen hatte. Immer noch eine blaue Kaffeedose in der Hand, halbvoll mit Vierteldollarmünzen. »Das ist er«, sagte sie und zeigte auf Corso. »Der Kerl hat sich mir an den Hals geworfen.«

»Ich bin gestolpert«, erklärte Corso. »Ich bin gegen sie gefallen.«

»Er hat mich betatscht«, sagte die alte Frau. »Hat mir an die Titten gegrapscht.«

»Ich bin gestolpert, das war alles.«

Als der Griff um seine Schulter sich lockerte, trat Corso unter der Hand weg. Der Mann trug ein schmieriges rotes Sakko mit einer Dienstmarke an der Brusttasche. Casino Security. Er schob sein Gesicht ganz nah an Corsos und schnüffelte ein paarmal, dann lehnte er sich wieder zurück. »Ich kümmere mich darum, Mrs. Gravley«, sagte er. »Sie gehen jetzt schön zu Ihrem Automaten zurück. Ich komme nachher noch mal vorbei und sehe nach Ihnen.«

»Bestimmt hat inzwischen jemand anders meinen Automaten besetzt.«

»Wir haben hier genug Automaten, Mrs. Gravley.«

Geduldig hörte er zu, als sie in eine Tirade darüber ausbrach, dass der Automat kurz davor gewesen wäre, Geld auszuspucken. Und dass sie nun mit irgendeinem verfluchten neuen Automaten wieder ganz von vorne anfangen müsste, was ihr mit Sicherheit ihr ganzes Geld aus der Tasche ziehen würde.

Die beiden Männer standen in dem Klingeln und Rasseln des Kasinos und sahen ihr nach, als sie davonwatschelte.

»Früher war sie mal ein Showgirl in einem der großen Kasinos. Vor Jahren. In grauer Vorzeit«, erklärte der Wachmann. »Wenn sie heutzutage ein bisschen zu viel Koffein intus hat, versucht plötzlich jeder Mann, der zufällig vorbeikommt, ihr an die Wäsche zu gehen.« Amüsiert schüttelte er den großen Kopf. »Wahrscheinlich gab's mal 'ne Zeit, wo das gestimmt hat.«

»Die Zeit rast«, pflichtete ihm Corso bei.

»Da ist wohl was dran«, sagte der Mann glucksend.

»Ich hatte gehofft, Sie könnten mir einen Gefallen tun.«

»Was denn?«

»Rufen Sie das FBI an.



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