Die Geheimnisse der Toten by Tom Harper

Die Geheimnisse der Toten by Tom Harper

Autor:Tom Harper [Harper, Tom]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller
ISBN: 9783499264047
Google: gx63NAEACAAJ
Herausgeber: Rowohlt Taschenbuch Verla
veröffentlicht: 2013-05-31T22:00:00+00:00


Chrysopolis – September 324, dreizehn Jahre zuvor

An einem warmen Sonntagmorgen unternehmen Konstantin und seine Familie einen Spaziergang. Der lange, heiße Sommer hält noch an: Der Himmel ist blau, das Meer ruhig und der Boden hart gebacken. Die purpurnen Herrscherstiefel wirbeln Staub auf beim Anstieg zwischen Zypressen und Kiefern zur Hügelkuppe. Konstantin geht mit Crispus voran, der ihm Einzelheiten von der Flotte berichtet, die unten am Strand vor Anker liegt. Ich bin gleich hinter ihnen, gefolgt von den Frauen und Kindern – Constans, das jüngste und erst ein Jahr alte Kind, schläft in den Armen seiner Amme. Man hätte sie für eine beliebige römische Familie halten können, die nach Beeren oder Vogeleiern sucht. In Wirklichkeit aber sind sie die unumstrittenen Herrscher des Imperiums. Auf der anderen Seite des Hügels warten fünfundzwanzigtausend Tote darauf, begraben zu werden.

Nach meiner Zählung ist es seit Juni erst der dritte Tag, an dem ich ohne Rüstung bin. Wir haben den ganzen Sommer über gekämpft. Zehn Jahre lagen Konstantin und Licinius bereits im Streit, als wir im Juni in Thrakien einmarschierten und Licinius aus dem Balkan jagten, um dreißigtausend Mann erleichtert. Im August, als uns Licinius vor Byzanz aufzuhalten versuchte, marschierte Konstantin buchstäblich über die Stadtmauern hinweg, vor denen er Erdrampen hatte aufwerfen lassen. Gleichzeitig führte Crispus unsere Flotte von Thessaloniki in die Meerenge von Gallipolis und versenkte Licinius’ Schiffe. Ich war mit Konstantin in Byzanz, als die verwegene Schlacht und der große Sieg gefeiert wurden.

Wie ich sie nun vor mir sehe, Vater und Sohn, kann ich mir gut vorstellen, dass diese Familie von den Göttern gesegnet ist. Konstantin hat die fünfzig überschritten und ist so kräftig wie eh und je, ein starker Mann in seiner späten Blüte. Crispus ist ein Sohn, auf den jedermann stolz wäre, großgewachsen und gutaussehend. Er hat die zarten, hübschen Züge seines Vaters und pechschwarzes Haar und ist in einem Alter, in dem sich frische Erfahrungen mit jugendlicher Zuversicht paaren und alles möglich scheint. Er lacht gern und bringt andere zum Lachen, selbst seinen Vater. Wenn Konstantin stolpert – ihm macht immer noch eine Verletzung am Schenkel zu schaffen, die er sich beim Sturm auf Hadrianopel zugezogen hat –, ist Crispus sofort zur Stelle und gibt ihm Halt. Er deutet auf die Flotte und erzählt seinem Vater Geschichten: Dieses Boot enterte Licinius’ Flaggschiff; auf dem dort ist der Kapitän über Bord gegangen, weil er über ein Huhn stolperte, das aus dem Käfig entwischt war.

Plötzlich laufen zwei Jungen an uns vorbei und attackieren Crispus mit Kiefernzweigen. Claudius und Constantius, acht und sieben Jahre alt, Konstantins ersten beiden Söhne von Fausta. Crispus lacht, greift selbst einen Stock vom Boden auf und jagt seine schreienden Halbbrüder zurück zu ihrer Mutter.

Konstantin wendet sich mir zu. Seine Augen leuchten. «War je ein Mann so glücklich wie ich?»

Gestern standen sich auf der staubigen Ebene zwischen Chalcedon und Chrysopolis zweihunderttausend Mann im Kampf um das Schicksal der Welt gegenüber. Es war nicht die größte Schlacht, die Konstantin je angeführt hat. Ganz ohne eine Kriegslist oder kluge Taktik zu bemühen,



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