Der Psychologe by Nilsonne

Der Psychologe by Nilsonne

Autor:Nilsonne
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
Herausgeber: Goldmann
veröffentlicht: 2015-09-14T16:00:00+00:00


14

Eine kleine Karte ganz vorn im Buch der Großmutter zeigte Abessinien im Jahre 1934. Damals war das Land eine nichtkolonialisierte Insel, umgeben vom italienischen Erithräa im Norden, im Osten von Französisch-, Englisch- und Italienisch-Somaliland, im Süden von der britischen Kolonie Kenia und im Westen von Ägyptisch-Sudan, einer weiteren britischen Kolonie.

Nach den Kämpfen in Wal Wal war der Ton beim Völkerbund und international immer schärfer geworden – so sehr, dass der Erzbischof von Canterbury am 28. August zum Friedensgebet aufgerufen hatte.

Ihre Großmutter war außer sich gewesen. Gott hatte im Laufe der Geschichte noch nie besonderen Sachverstand bewiesen, wenn es galt, internationale Konflikte zu schlichten, und der Völkerbund war gebildet worden, um diese Probleme besser in den Griff zu bekommen. Die Großmutter hätte es vorgezogen, wenn der Erzbischof für die zaghaften Mitglieder des Völkerbundes gebetet hätte, die sich nicht trauten, für Abessinien Partei zu ergreifen.

Doch weder Gott noch der Völkerbund hinderten Benito Mussolini daran, am 2. November 1935 in Abessinien einzufallen. 125000 Mann unter General de Bono marschierten auf Makale zu.

»Wenn wir rechtzeitig gehandelt hätten, wäre das niemals passiert«, schrieb die Großmutter. »Schon bei Wal Wal hatten sich unser mangelnder Wille oder unsere unzulängliche Stärke gezeigt. Ich wünschte ja, es sei Letzteres gewesen, aber ich habe so viel von Ersterem gesehen, dass ich fürchte, wir hätten den Frieden in jedem Fall durch mangelnde Ehrlichkeit im Bezug auf unsere Ziele verraten.«

Mussolini hatte seine Absichten nie verhehlt. »Ich kann nicht begreifen, wie irgendwer auf der Welt unsere berechtigten Ansprüche leugnen kann. Abessinien hat immer wieder die italienischen Rechte verletzt. Wie lange müssen wir uns diese rechtswidrigen Handlungen noch gefallen lassen, dazu noch von einem barbarischen Volk? Abessinien ist kein Staat und keine Nation«, zitierte die Großmutter.

Die schwedische Bevölkerung war von Italiens Vorgehen empört, woran die Großmutter gewiss nicht ganz unschuldig war, schließlich hatte sie die schwedische Presse und die schwedischen Politiker immer wieder informiert. Das Medieninteresse war groß – der Kaiser hatte zwei schwedische Berater gehabt, Kolmodin und Vigin, darüber hinaus hielten sich schwedische Militärs und schwedisches Krankenpflegepersonal im Land auf. Ein überraschender schwedischer Solidaritätsakt war das Geschenk von siebzigtausend Kilo Makrelen an Abessinien. Monika hätte gern gewusst, was aus dieser Spende geworden war. War sie jemals angekommen? Und hatten die Abessinier gern einen unbekannten fetten und in Metall verpackten Fisch gegessen? Hatten sie ihn überhaupt aus den Dosen herausbekommen?

Der Angriff der Italiener ging nur stockend weiter, trotz ihrer Flugzeuge und modernen Waffen. Natürlich konnten sie die abessinischen Truppen ungestört bombardieren, doch die Flugzeugmotoren machten in der großen Höhe Probleme. Es goss wie aus Kübeln, es war ungewöhnlich kalt für die Jahreszeit, und der abessinische Widerstand erwies sich als hartnäckiger als erwartet. Der Vormarsch ging nur langsam voran, obwohl alle mit einem raschem Sieg gerechnet hatten.

Die Italiener hatten Ras Seyoum gegen sich, einen abessisinischen Heerführer, der einen russischen Ratgeber, Obersten Korniwaloff, zu Hilfe geholt hatte. Seyoum hatte die Italiener nicht daran hindern können, grobkalibrige Geschütze auf den Hügeln gegenüber von Makale aufzustellen, das sich am 11. November ergeben musste. De Bono fiel am Geburtstag des italienischen Königs Viktor Emmanuel dort ein.



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