Der Palast der Borgia by Dunant Sarah

Der Palast der Borgia by Dunant Sarah

Autor:Dunant, Sarah
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: insel-verlag
veröffentlicht: 2013-12-31T16:00:00+00:00


FÜNFTER TEIL

Trauerzeit

Ja, hätten wir auch sieben Pontifikate, wir würden sie alle hingeben, um ihn lebend zurückzubekommen.

Papst Alexander VI., Juni 1497

SIEBENUNDZWANZIGSTES KAPITEL

Es ist Mitte Juni. Die Tage sind mild und lang, zunehmende Hitze unter leuchtend blauem Himmel, aber mit genügend sanft fächelndem Wind. Tief in den Kellergewölben der vornehmsten Palazzi sind Diener damit beschäftigt, von den Blöcken, die dort im Winter eingelagert wurden, Eis für Zitronensorbets und zur Kühlung von Wein abzuschlagen. Auf den Märkten gibt es frisch geerntete Bohnen und die letzten Aprikosen, die wie Honig auf der Zunge zerschmelzen. Der Tiber, schmutzig von den Abwässern der Stadt, funkelt unter der Sonne, die halbnackten Flussschiffer, die auf plumpen Kähnen Brennholz und andere Waren in die Stadt bringen, bewegen sich mit gemächlicher Ruhe, abseits des Stadtzentrums dösen Hirten zwischen antiken Ruinen, während ihre Schafe und Ziegen friedlich Gras rupfen, das über eine große Vergangenheit gewachsen ist.

Auf ihrem Weingut unweit der Thermen des Diokletian überwacht Vannozza die Vorbereitungen für ein Abendessen im Kreis der Familie. Die Nachricht von Lucrezias Flucht vor einer Woche hat sie in einige Aufregung versetzt, aber sie kann kaum etwas tun, um ihrer Tochter zu helfen. Sie wurde ihr weggenommen, als sie gerade mal sechs war, und hat ihrer Mutter anders als Cesare keine besondere Anhänglichkeit bewahrt. Vannozza hat gelernt, sich damit abzufinden. Jetzt allerdings spürt sie den Verlust wieder: Ein Mädchen, das aus einer zerrütteten Ehe zurück in das Kloster flieht, in dem es einige Jahre seiner Kindheit verbracht hat, braucht eine sorgende Mutter. Sie schreibt einen behutsam formulierten Brief. Ich verstehe, dass Du Dich den Wünschen Deines Vaters beugen musst, aber manchmal ist so etwas nicht leicht. Ich weiß das nur zu gut. Falls Du mich brauchen solltest …

Sie unterschreibt wie immer mit: Deine glücklose Mutter Vannozza dei Catanei.

Bis jetzt hat sie noch keine Antwort erhalten. Sie hat gehört, dass Alexander, rasend vor Zorn über das eigenmächtige Verhalten seiner Tochter, eine Abteilung Soldaten zum Kloster geschickt hat, die Lucrezia zurückbringen sollte. Aber die standhafte Mutter Oberin von San Sisto hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Als eine wahre Streiterin Gottes hat sie sich den Bewaffneten in den Weg gestellt. »Eine junge Frau hat bei uns Asyl gesucht, und es steht uns nicht zu, ihr dieses Recht zu verweigern. Richtet Seiner Heiligkeit aus, dass wir sie mit unserem Leben schützen und für sie sorgen werden, bis sie aus freiem Willen bereit ist, uns zu verlassen.« Nicht einmal Alexander VI. könnte darauf hoffen, ungestraft davonzukommen, wenn er Soldaten gewaltsam in ein Kloster einbrechen ließe.

Die Klatschmäuler sind voller Schadenfreude. Die Tochter des Papstes will den Schleier nehmen! Die Ehe – oder vielleicht auch etwas anderes, wer weiß? – hat sie zu Gott bekehrt, und der Papst ist außer sich, weil er nichts dagegen tun kann.

»Dummes Geschwätz!«, knurrt der Papst, als der Vizekanzler ihn besorgt darauf anspricht. »Ich selbst habe sie dorthin geschickt, weil ein Konvent genau der richtige Ort für sie ist, während sie darauf wartet, dass Euer aufsässiger Cousin endlich einlenkt. Richtet ihm das aus. Oder



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