Der Mädchenflüsterer by Fürst Eva

Der Mädchenflüsterer by Fürst Eva

Autor:Fürst, Eva
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Blanvalet
veröffentlicht: 2015-06-01T16:00:00+00:00


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»… waren wir live vor Ort.« Die blonde Frau mit den kunstvoll verwuschelten Haaren setzte ein wichtiges Gesicht auf, und Florian Engels beugte sich weiter nach vorn, um kein Wort zu verpassen.

»Wie wir aus sicherer Quelle erfahren haben, ist die vierundzwanzigjährige Paula K., die in Chemnitz studiert, seit Montag vor einer Woche spurlos verschwunden.« Die Reporterin machte eine Kunstpause und wartete, bis die Kamera über das Haus hinter ihr geschwenkt war. Während sie erklärte, wann Paula das letzte Mal gesehen worden war, lief im Hintergrund ein Filmausschnitt, in dem das Mädchen am Meer im Bikini posierte. Der Sender hatte es geschafft, den Eltern eine Urlaubsaufnahme aus dem Kreuz zu leiern.

Die zauberhafte Paula.

Ihr rotblondes Haar wehte in der Brise, sie winkte in die Kamera und grinste. Florian Engels leckte sich die Oberlippe. Was für ein hübsches Mädchen. Eines der schönsten, die ihm je über den Weg gelaufen waren.

Blondie erklärte: »Gestern erhielt ihr Freund, mit dem sie zusammen in Chemnitz studiert, einen Brief, der eigentlich an Paulas Eltern gerichtet war. Darin schrieb das Mädchen, sie sei entführt worden und der Kidnapper fordere Lösegeld.«

Florian hielt die Luft an und atmete gleich darauf geräuschvoll aus, während die Reporterin bereits weitergeredet hatte.

»… zwar angekündigt, sich telefonisch mit den Eltern in Verbindung zu setzen, hat sich aber bisher nicht gemeldet.«

Natürlich nicht. Es war doch klar, dass die Kripo das Telefon kontrollierte. So von gestern waren die nun auch nicht. Wenn jemand einen ernst zu nehmenden Brief mit einer Lösegeldforderung für eine entführte Person bekam, war es doch das Einfachste, dem Täter durch seine Anrufe auf die Spur zu kommen. Sie lebten im 21. Jahrhundert, in Zeiten von Internet, Satelliten und NSA-Spionage. Das wussten auch Entführer.

Jetzt erschien die Eingangstür auf dem Bildschirm. Ein Mann, der Paulas Vater sein musste, schaute konsterniert auf einen Jungen mit Basecap herab, der vor ihm stand. Das Kind hielt etwas in den Händen, jetzt reichte es den Gegenstand nach oben, und als der Vater danach griff, konnte man erkennen, dass es ein rosa Kuvert war.

»Wie Sie soeben sehen konnten, wurde den Eltern ein zweiter Brief geschickt. Als Boten hatte sich der Entführer einen Jungen aus der Nachbarschaft ausgesucht.« Noch eine bedeutungsschwangere Pause. Man konnte der Reporterin ansehen, dass sie jetzt etwas Spannendes präsentieren würde.

»Es ist uns gelungen, Gregor Steck, den Überbringer des Briefes, zu interviewen.« Das Bild wechselte. Die Zuschauer sahen nun einen kleinen dicken Jungen mit einem Mopsgesicht, der neben seiner ebenso beleibten Mutter stand und voller Stolz in die Kamera schaute. Die Baseballkappe hatte er jetzt verkehrt herum aufgesetzt, sodass der Schirm nach hinten zeigte, was ihm ein noch dümmlicheres Aussehen verlieh.

Miss Piggy und ihr Sohn. Florian Engels lächelte. Ein Reporterkollege von Blondie hielt dem Kind ein dickes grünes Mikrofon wie ein Eis am Stiel vor das Gesicht. Miss Piggy hatte die Nase in die Luft gereckt und präsentierte sich, sichtlich stolz darauf, im Fernsehen auftreten zu können.

»Wo hat dieser Mann dich angesprochen?«

»Auf’m Spielplatz.« Gregor schielte beim Sprechen auf das Mikro, als habe er Angst, es könne ihn beißen. »Ich war mit Richie und Danny da, aber die waren grade heim.



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