Der Frauenhaendler by Giogio Faletti

Der Frauenhaendler by Giogio Faletti

Autor:Giogio Faletti [Faletti, Giogio]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-02-08T05:00:00+00:00


Kapitel 14

Daytonas Mutter wohnt in Isola, in der Via Confalonieri, in der Nähe der ehemaligen Fabrik Stecca degli Artigiani. Als ich durch den Park zu ihrem Haus gehe, frage ich mich, ob das nicht eine Riesendummheit ist. Möglich, aber wenn man kurz vor dem Ertrinken ist, erscheint einem auch ein treibender Schwamm wie ein Rettungsring.

Gestern Abend bin ich durch halb Mailand gefahren und habe erfolglos sämtliche Lokale abgesucht, die mein Freund für gewöhnlich frequentiert. Im Scimmie im Navigli-Viertel sah ich Matteo Sana und den Godie, die sich aber, als sie mich entdeckten, anders verhielten als erwartet. Ich hätte gedacht, dass sie mich in irgendeine Ecke drängen und mit nervigen Fragen bombardieren würden. Stattdessen taten sie so, als würden sie mich gar nicht sehen. Das hat mir meine aktuelle Lage deutlich vor Augen geführt. Ich bin eine Person, mit der man sich besser nicht zeigt. In diesem speziellen Fall war das vielleicht sogar gut so. Ich sah mich in dem überfüllten Lokal um und hielt nach zwei über eine Glatze gekämmten Strähnen Ausschau.

Daytona war nirgends zu entdecken.

Mir war klar, dass er an allen möglichen Orten sein konnte: in Tanos Spielhölle oder anderswo, wo gespielt wurde, oder im Bett mit irgendeiner Hure. Oder auch versteckt in irgendeinem Loch, wo er wie eine fette, diebische Maus an seinem Stück Käse knabberte und darauf wartete, dass die Wogen sich glätteten.

Alles Orte jedenfalls, die für mich unbekannt und unauffindbar waren.

Im Taxi, das mich nach Hause brachte, fiel mir ein, was Daytona einmal in einer vergleichbaren Situation gesagt hatte, und plötzlich kam mir eine Idee. Eine armselige, aussichtslose und verzweifelte Idee, aber die einzige, die ich hatte. Und jetzt bin ich hier, einen großen ledergebundenen Terminkalender unter dem Arm und in der Hand einen schweren gelben Umschlag in Kanzleiformat, der – Ironie des Schicksals – mit Zeitungsausschnitten gefüllt ist. Als ich sie hineingesteckt habe, musste ich unwillkürlich lächeln, weil ich dachte, dass sich Daytona wohl geschnitten hat, als er sich für so viel schlauer hielt als mich.

Lucio wäre stolz auf mich wegen dieser Wendung.

Ich war aber nicht in der Stimmung, ihm von meinen Schwierigkeiten zu erzählen, nur um das Lob einzuheimsen.

Ich erreiche die Eingangstür eines anonymen Mietshauses, das im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus entstanden ist. Hier wohnt Daytonas Mutter, die mittlerweile mein einziger Halt ist auf dieser Kletterpartie. Dieses Stück Scheiße hat eine ziemlich enge Beziehung zur Erzeugerin seines Elends, wie es bei veritablen Hurenböcken oft der Fall ist. Wenn er etwas angestellt hat und sich für eine Weile verkriecht, weiß seine Mutter mit Sicherheit, wo er sich befindet. Mit ein bisschen Glück und viel Frechheit werde ich es hoffentlich auch bald wissen.

Ich trete an die Sprechanlage und drücke auf den Knopf neben dem Schild Boccoli-Crippa. Es vergeht einige Zeit, in der ich mir vorstelle, wie sie sich gebückt und mit Filzpantoffeln an den Füßen über den gebohnerten Boden schleppt. Die Stimme, die dann spricht, ist sanft und angenehm.

»Ja?«

Ich drücke mir die Daumen und stelle mich vor.

»Guten Tag, Signora. Mein Name ist Rondano, ich bin Paolos Versicherungsvertreter.



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