Das Skelett vom Bliesgau by Schwab Elke

Das Skelett vom Bliesgau by Schwab Elke

Autor:Schwab, Elke [Schwab, Elke]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-941657-58-8
Herausgeber: Conte Verlag GmbH
veröffentlicht: 2013-06-09T22:00:00+00:00


Kapitel 24

Vogelgezwitscher erfüllte die angenehme, kühle Luft. Ein leises Rauschen zog durch die Baumkronen, die golden im morgendlichen Sonnenlicht leuchteten. Nebelschleier senkten sich herab, verzogen sich immer mehr, ließen die Sicht klarer und deutlicher werden. Ein Buntspecht klopfte an einen Baumstamm, begann mit seinem Tagewerk. Ein Rotkehlchen landete auf einem Ast und pfiff laut und frech, als wollte er unbedingt auf sich aufmerksam machen. Unter die Baumkronen mischten sich Tannen, deren dunkles, saftiges Grün vom goldenen Schimmer des Laubs abstach. Zwischen den weißen Nebelschleiern kam das Azurblau des Himmels hervor. Das musste das Paradies sein. Alles passte genau zusammen, die Farbnuancen, die Atmosphäre, die Geräusche, die Temperaturen, die Harmonie. Nichts, was diese Friedlichkeit störte. Doch was war das? Ein hässlicher Laternenmast, mitten in der Kulisse von Natur und Schönheit. Ein Verkehrsschild ebenso. Schilder im Paradies? Kinderstimmen mischten sich unter das Vogelgezwitscher, Lachen und Kreischen, schrilles Schreien, das in den Ohren schmerzte. Vorbei der Augenblick verträumter Illusionen. Die Wirklichkeit hatte ihn wieder. Er richtete sich auf.

Wo war er? Er saß auf einer Bank. Was war mit ihm geschehen? Warum wusste er nichts? Erschrocken sah Bernhard Diez an sich herunter. Er war vollständig angezogen. Meine Güte, zumindest etwas! Er schaute sich um. Sein Blick wurde von Passanten erwidert. Junge Mädchen mit Schulranzen gingen ganz dicht an ihm vorbei, lachten, kicherten, gackerten, taten alles, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen.

Normalerweise hätte ihn das erregt, weil er es genoss, von Frauen jeden Alters bewundert zu werden. Nur heute nicht. Sein Selbstwertgefühl hatte einen Schaden bekommen. Einerseits hatte er die Bestätigung für seinen Verdacht erhalten, was seinem Ego schmeichelte – die drei Frauen hatten Ingo Landry getötet. Andererseits gaben sie ihm ihr Geständnis so geschickt, dass er unmöglich damit arbeiten konnte. Er hatte sich mit den Hauptverdächtigen, und wie er nun genau wusste, mit drei Täterinnen eingelassen, was ein Dienstvergehen war. Damit ging es wohl kaum nach oben auf der Erfolgsleiter. Er bekäme höchstens eine Beförderung hinaus auf die Straße.

Das war aber nicht der einzige Grund, warum er über die letzten Stunden den Mund halten musste. Das hatten Sonja Fries, Antonia Welsch und Sibylle Kriebig geschickt einkalkuliert. Er schämte sich in Grund und Boden. Er hatte diese Weiber unterschätzt. Nun musste er zusehen, wie er sich aus der Affäre herauswinden konnte. Aber zuerst galt es herauszufinden, wo sie ihn abgesetzt hatten.

Er stand auf und ging einige Meter. Die Antwort kam schnell. Er stand im Saarlouiser Stadtgarten. Vor ihm lag die Brücke, die auf die Vaubaninsel – auch Der halbe Mond genannt – führte.

Das war doch der Tatort im Krimi von Sibylle Kriebig! Bernhard erschrak. Die Opfer in dem Buch waren immer Männer. Ihm fröstelte. Er litt an einem Blackout. Sie hatten ihm etwas eingeflößt, womit er wehrlos geworden war. Das Spiel, das sie mit ihm getrieben hatten, zeigte immer schauerlichere Züge. Warum hatten sie ihn genau an diese Stelle gebracht? Wollten sie ihm damit etwas sagen?

Auf unsicheren Beinen überquerte er die Brücke und schaute sich auf der Insel um. Sie war größer als er angenommen hatte.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.