Darf ich meine Oma selbst verbrennen? by Wilhelm Peter

Darf ich meine Oma selbst verbrennen? by Wilhelm Peter

Autor:Wilhelm, Peter [Wilhelm, Peter]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
ISBN: 978-3-426-41083-7
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2011-08-16T22:00:00+00:00


Dialoge –

zum Sterben schön

Abgesehen von Telefongesprächen gibt es immer wieder auch mehr oder weniger abstruse Dialoge und Begebenheiten mit und unter Kunden. Und die Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten, sind natürlich auch immer für eine Geschichte gut.

Einige davon habe ich im Folgenden zusammengestellt.

Ich geh da doch nicht dran!

Ein paarmal habe ich ja schon davon berichtet, dass wir im Zusammenhang mit der Abwicklung eines Sterbefalls auch die Ab- und Ummeldungen vornehmen. Ganz selbstverständlich gehören die Meldungen an die Krankenkasse, Pflegeversicherung und Rentenstelle dazu. Außerdem beantragen wir für die Angehörigen eventuelle Lebensversicherungen und bieten an, Vereinsmitgliedschaften, Clubzugehörigkeiten usw. zu kündigen oder – je nach Wunsch – auf die Witwe umzumelden.

Im günstigsten Fall bringt uns der Hinterbliebene einen sorgfältig geführten Ordner mit allen notwendigen Dokumenten, manchmal hat der Verstorbene auch eine Liste mit entsprechenden Hinweisen hinterlassen, aber in den meisten Fällen ist es doch eher eine Schublade aus dem Wohnzimmerschrank oder ein Pappkarton voller ungeordneter Unterlagen, die uns da gebracht wird.

Wir wühlen uns dann geduldig da durch, erfassen alle Mitgliedschaften und Verträge und besprechen mit der Familie, was behalten und was abgemeldet werden soll.

Seit ein, zwei Jahren gehören da verstärkt auch Handy-Verträge dazu. Wir können ein Lied davon singen, wie schwer sich manche Netzbetreiber und Mobilfunkanbieter damit tun, ihre Kunden – wiewohl verstorben – aus den Verträgen zu entlassen. Oft stellt man sich, trotz zugesandter Sterbeurkunde, einfach taub und versucht, noch zwei, drei Rechnungen mit Grundgebühren einzufordern. Manchmal geht es aber auch darum, dass der Verstorbene vor nicht allzu langer Zeit ein neues kostenloses Handy bekommen hat und sich verpflichtet hatte, zwei Jahre lang weiterhin Kunde bei diesem Anbieter zu bleiben.

Nu isser aber tot und kann aus durchaus nachvollziehbaren Gründen seinen allfälligen Gesprächsverpflichtungen in Form von etwaigen Mindestumsätzen nicht mehr nachkommen. Das sehen manche Anbieter durchaus ein, verzichten auf alle weiteren Ansprüche und beenden den Vertrag. Andere allerdings möchten dann gerne von den Hinterbliebenen zumindest eine anteilige Kaufpreisentschädigung für das Handy. Das bedeutet im Klartext, dass man sagt, der Kunde habe das an sich vierhundert Euro teure Handy gratis bekommen, könne die Monatsgebühren ja nun nicht mehr entrichten, also müsse man noch zweihundert Euro Abstandssumme zahlen.

Es ist oft sehr viel Hartnäckigkeit vonnöten, um da das gewünschte Ergebnis zu erzielen.

Im Falle des verstorbenen Metzgermeisters Franz Grobschlacht lief es etwas anders. Da wollte die Witwe Grobschlacht zuerst, dass wir den Vertrag kündigen, sie selbst brauche gar kein Handy. Dann kam aber der Sohn und holte Handy samt SIM-Karte ab; das habe er mit seiner Mutter so besprochen.

Ich hatte diesen Vorgang schon längst wieder vergessen, da kommt – Wochen später – die Witwe Grobschlacht zu mir, um wegen der Grabpflege etwas zu besprechen. Das Gespräch geht recht zügig vonstatten, und wir sind schnell durch. Doch obwohl eigentlich alles besprochen ist, bleibt sie sitzen und druckst herum. Ich merke, dass da noch was ist und erkundige mich.

Sie schaut mich an, zückt ein Stofftaschentuch aus ihrer Handtasche, putzt sich etwas umständlich das frisch gepuderte Näschen und sagt:

»Sie dürfen mich aber nicht für verrückt halten.«

»Wieso sollte ich das?«

»Nun, es ist so, wenn ich das jemandem erzähle, dann erklärt man mich sofort für verrückt.



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